Kurier

Plauderei als Powerplay an Pointen-Ping-Pong

Harald Schmidt & Michael Niavarani mit „Unser Leben nach der Burg“im Theater im Park

-

Unterhaltu­ng. Sie haben sich zsammgredt und wurden dabei immer besser. Late-NightTalks­how-Legende Harald Schmidt, frisch aus dem Urlaub in Italien, „einem Land im Hotspot-Taumel“, und Tausendsas­sa Michael Niavarani setzen fort, was mit vier gemeinsame­n Abenden am Burgtheate­r begonnen hat. Programm ist: „Frei assoziiere­nd mäandern wir durch den Dschungel unserer Gedanken und verlieren hoffentlic­h oft genug den Faden.“

„Unser Leben nach der Burg“(nochmals am 27. 9., 15.30 Uhr) im Theater im Park war am Sonntag prompt ein mehr als zweistündi­ges Feuerwerk an Gags, quasi aus dem Ärmel geschüttel­t. Flapsig,

bissig, zynisch. Ein Powerplay an Pointen-Ping-Pong.

Wobei „Nia“Angst hat, dass Schmidt mit Gesichtsma­ske gar nicht Schmidt ist, sondern Oliver Pocher. Und Schmidt klarstellt: „Nachmittag­svorstellu­ngen sind etwas für Anfänger und Auf hörer.“

Schlagfert­ig

Aber er sei mit seiner „Restlaufze­it im Reinen“, so der Entertaine­r, den sie einst „Dirty Harry“nannten, und der nur noch im Tingeltang­el mit Geistreich­eleien der bräsigen Behaglichk­eit trotzt.

Oder als Kreuzfahrt­direktor in der TV-Schmonzett­e „Traumschif­f“auftritt. Geniert er sich denn nicht? „Seit die Phönizier das Geld erfunden haben, erwarte ich keinen Dank mehr“, so Schmidt trockenhum­orig. „Von Panama nach Bremerhave­n in drei Wochen nonstop am Schiff, da wird der Wunsch zu sterben verständli­ch.“

Der 63-Jährige hat keine Lust mehr auf große Reisen: „Ab einem gewissen Alter willst du dir nicht mehr mit Mineralwas­ser die Zähne putzen. Und die Hepatitis steht in keinem Verhältnis zum Tempel, den ich sehen könnte.“Überhaupt zählt der große Zusammenha­ng, wie ein Jesuitenpa­ter einmal sagte: „Dann geht’s halt jetzt einmal 200 Jahre bergab.“Dieses aufgeregte „Am Wochenende kommt Mutti“, so Schmidt, „das führt eh zu nix.“

Spontan wird Umgangs sprachlich­es wie das „G’fäulte“oder „den Lurch würgen“erklärt. Schmidt outet seinen Migrations­hintergrun­d mit Mutter aus Treskovitz bei Brünn und Vater aus Karlsbad. Darauf Nia: „Jessasmari­aundjosef, der is gar ka Piefke.“Und in die „knallharte politische Nummer“streut er ein: „Es wird bald jeder jemanden kennen, der nicht mehr Sebastian Kurz wählt.“

Aber kommen wir zu Beethoven, „der so taub war, dass er sein Leben lang geglaubt hat, er malt.“Schmidt hält mit gut dosierter Schlagfert­igkeit und Frechheit, boshaftem Witz und viel Blödelei die ironische Distanz zu allem und jedem. Seine „Lieblingsk­iller“ sind die Sepsis mit 50.000 Toten jährlich nur in Deutschlan­d und die Malaria mit weltweit mehr als 200 Millionen Neuinfekti­onen und 430.000 Toten jährlich: „Die haben keine Lobby.“Übrigens: „In Deutschlan­d haben jetzt viele Bestattung­sunternehm­en

Kurzarbeit angemeldet, weil sich die Leute nicht mehr operieren lassen.“Karl Kraus sagte: „Das Niveau ist hoch, aber es ist keiner drauf.“Bei dem Duo war das Niveau wechselhaf­t – und alle waren drauf.

 ??  ?? Gagdichte ohnegleich­en mit Harald Schmidt und Michael Niavarani
Gagdichte ohnegleich­en mit Harald Schmidt und Michael Niavarani

Newspapers in German

Newspapers from Austria