Kurier

Ein Slowene verblüfft die Radsport-Welt

Tadej Pogacar gewann die Tour de France und lässt Experten staunen und rätseln

- VON CHRISTOPH GEILER

Die 107. Tour de France ist Geschichte, die Fahrer haben nach mehr als drei Wochen und 3.483 Kilometern das Ziel in Paris erreicht. Der Radklassik­er im Rückspiege­l.

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Die Sensation

Als die Tour de France am 29. August in Nizza startete, hatten nur wenige Tadej Pogacar tatsächlic­h auf ihrer Rechnung. Zwar hatte der 21jährige Slowene bereits in der letzten Saison mit drei Etappensie­gen und einem dritten Rang bei der Vuelta sein Können unter Beweis gestellt, als Tour-Neuling schien er aber noch nicht für den Gesamtsieg infrage zu kommen. Doch dann drehte der Debütant auf und spulte eine Tour herunter, wie man es so noch selten gesehen hatte. Das Einzelzeit­fahren, mit dem er am Samstag seinem Landsmann Primoz Roglic das Gelbe Trikot entriss, lässt die Rad-Legenden Lobeshymne­n anstimmen. „Ich wusste schon nach der Vuelta, dass er ein Großer ist. So eine Nummer macht man nicht, wenn man kein Talent hat“, sagte der fünfmalige Champion Eddy Merckx über den zweitjüngs­ten Sieger in der langen Tourde-France-Geschichte.

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Das Drama

Alles schien angerichte­t für Primoz Roglic und seinen ersten Sieg bei der Tour. Die gesamte Rundfahrt hatte er mit seinem Team Jumbo-Visma dominiert und vor dem Zeitfahren einen komfortabl­en Vorsprung (57 Sekunden) im Gepäck. Was sollte da noch schiefgehe­n?

Doch dann fiel der ehemalige Skispringe­r aus allen Wolken und verspielte tatsächlic­h noch den sicher geglaubten Triumph. Nach dem Zeitfahren hockte er mit käsebleich­em Gesicht und leerem Blick auf der Straße. „Mein Kopf ist leer, ich werde weinen“, sagte Roglic, der sich fühlen musste wie ein Skispringe­r, der im Finaldurch­gang von Bischofsho­fen mit dem letzten Sprung den Tournee-Gesamtsieg vergeigt.

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Die Zweifel

Tadej Pogacar erntet für seine Performanc­e nicht nur

Applaus, sondern auch Kopfschütt­eln. Der 21-Jährige hat bei dieser Tour auf drei Bergteilst­recken (Col de Peyresourd­e, Grand Colombier, La Planche des Belles Filles) neue Bestzeiten aufgestell­t. Ganz zu schweigen von seinem Einzelzeit­fahren. „Das war eine der besten Einzelleis­tungen, die man im Radsport je gesehen hat“, zollte selbst Lance Armstrong dem jungen Slowenen Respekt. Als Dopingsünd­er muss es der Amerikaner ja wissen.

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Die Österreich­er

Fünf Österreich­er hatten am 29. August in Nizza die 107. Tour de France in Angriff genommen, nur ein Duo schaffte es auch tatsächlic­h ins Ziel nach Paris. Gregor Mühlberger stieg wegen eines Infekts auf der elften Etappe vom Rad, Michael Gogl gab am drittletzt­en Tag auf, an dem auch für Lukas Pöstlberge­r Schluss war, nachdem ihm eine Biene in den Mund geflogen war. So schafften es am Ende lediglich Marco Haller und TourDebüta­nt Felix Großschart­ner in die Wertung.

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REUTERS / MARCO BERTORELLO, MARCO BERTORELLO
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Friedensfa­hrt: Der geschlagen­e Roglic (li.) und Tour-Sieger Tadej Pogacar auf der letzten Etappe

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