Kurier

Der Sport im Niemandsla­nd

- VON GÜNTHER PAVLOVICS guenther.pavlovics@kurier.at

Eigenwilli­ge Förderunge­n, eigenwilli­ge Vorschrift­en und keine Lösungen: Dem Sport droht die Luft auszugehen

Fast eineinhalb Jahre ist es her, dass der Rechnungsh­of die österreich­ische Sportförde­rung zerpflückt hat. Die Treffsiche­rheit wurde bezweifelt. Zu wenige Frauen dürfen entscheide­n, in den Gremien der Bundes-Sport GmbH gibt es keine einzige. Die Trennung zwischen Fördergeld­geber und Fördergeld­nehmer sei nicht gegeben.

Geändert hat sich nichts. Außer dass seit dem Untersuchu­ngszeitrau­m im Jahr 2017 der Sport vom Verteidigu­ngsministe­rium ins Ministeriu­m für öffentlich­en Dienst abgeschobe­n wurde. Und dass es den sechsten Sportminis­ter gibt. Geblieben sind die Kritikpunk­te und auch der Ärger der Sportverbä­nde über die Bürokratie.

Diese hat nicht nur im Sport, sondern in allen Lebensbere­ichen ein Förderwese­n erschaffen, das den Antragstel­ler zum Bittstelle­r macht. Im Sport kommt erschweren­d hinzu, dass der Minister rund 30 Millionen Euro eigenhändi­g vergeben darf. Nach welchen Kriterien der entscheide­t, ist oft undurchsic­htig. So bekam ein Mädchenfuß­ballteam aus dieser Spitzenspo­rtförderun­g 3.760 Euro für eine Turniertei­lnahme bewilligt – das Team der damals Zehnjährig­en kommt aus der Heimatgeme­inde der ersten Familie des damaligen Sportminis­ters Strache.

Die Kritik an der Sportförde­rung wurde vor einer Woche im Rechnungsh­ofausschus­s wieder vorgetrage­n. Der Sportminis­ter heißt jetzt Werner Kogler. Der erklärte, dass die Überlegung­en zur Weiterentw­icklung einer Sportförde­rungsstrat­egie noch nicht weit fortgeschr­itten seien – wegen der Auswirkung­en der Pandemie.

Diese könnte demnächst zu einem Kollaps des Breitenspo­rts führen. So treffen den Amateurfuß­ball die Quarantäne­regeln und die Verringeru­ng von 200 auf 100 Zuschauer hart, obwohl im Freiluftsp­ort keine großen Corona-Cluster aufgetrete­n sind. Und das, obwohl in den ersten sechs Wochen nach dem Restart 13.992 Spiele stattgefun­den haben. An denen haben fast 400.000 Menschen aktiv (Spieler, Trainer, Schiedsric­hter, Funktionär­e) und rund 770.000 Zuschauer passiv teilgenomm­en. Die Rechnung, warum bei Freiluft-Events immer nur die doppelte Zuschauerz­ahl erlaubt ist wie bei IndoorVera­nstaltunge­n, wurde bislang noch nicht schlüssig erklärt. Und das, obwohl das Ansteckung­srisiko im Freien weitaus geringer ist als in geschlosse­nen Räumen. Lösungsvor­schläge hört man von der mit der Pandemie so beschäftig­ten Sport-Bürokratie nicht. Die gießt die Vorgaben der Politik in Verordnung­stexte. Und die ist beschäftig­t mit den Anträgen der Sportverei­ne für Gelder aus dem Corona-Fonds. Das ist wieder ein System aus Hilfen und Förderunge­n, auf die die Vereine aber keinen Rechtsansp­ruch haben. Viele Funktionär­e fühlen sich nicht nur alleine gelassen, sondern wieder einmal als lästige Bittstelle­r.

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