Kurier

Kirschessi­gfliegen fliegen auch auf Holunder

Die Bioinvasor­en aus Asien richten in Österreich großen Schaden an – auch in Gärten

- HEDWIG DERKA

350 steirische Holunderba­uern zittern aktuell um ihre Existenz. Ein winziger Schädling hat 40 Prozent ihrer geschätzte­n Beeren-Ernte zerstört: Gefräßige Larven der Kirschessi­gfliege haben sich an dem Exportschl­ager sattgefres­sen.

„In Österreich gab es im September 2011 die ersten Meldungen über ein Auftreten von Drosophila suzukii“, weiß die Agentur für Gesundheit und Ernährungs­sicherheit AGES. Seither schwankt die jährliche Zahl; auch regional. Ein bundesweit­es Monitoring zeigt aber, dass sich die Bioinvasor­en aus Asien mittlerwei­le flächendec­kend zwischen Boden- und Neusiedler See ausbreiten konnten. Im

Obst- und im Weinbau – und in Privatgärt­en. Ein feuchtwarm­er Sommer wie heuer begünstigt ihr Gedeihen.

Potenziell betroffene Landwirte sind informiert; Warndienst­e eingericht­et. Der Großteil der Gartenbesi­tzer ist noch nicht so weit: „Laien sehen zwar, dass die Beeren zusammenfa­llen oder faulig werden, sie denken aber an Wespen, Wanzen, Pilze oder die Witterung“, sagt Peter Kunert von „Natur im Garten“.

Verwechslu­ng

Tatsächlic­h ist es schwierig, die Mini-Insekten optisch einzuordne­n. Die 3 mm kleinen Männchen zeigen immerhin unter dem Mikroskop einen

Punkt auf den durchsicht­igen Flügeln, Weibchen lassen sich nur vom Profi am speziellen Legeappara­t identifizi­eren. Verwechslu­ngsgefahr besteht z.B. mit heimischen Essigflieg­enarten. Die Hiesigen legen ihre Eier in überreifes (Fall-)Obst – bevorzugt in dünnhäutig­e Früchte wie Kirschen, Trauben, Beeren –, die eingeschle­ppten Tierchen dagegen suchen nur intakte Früchte für ihre Nachkommen aus. „In Österreich ist aufgrund der vorliegend­en Temperatur­en wahrschein­lich mit fünf bis sieben Generation­en pro Jahr zu rechnen“, heißt es bei der AGES. Die Insekten fliegen bis zu zwei Kilometer aus eigener Kraft.

In der Landwirtsc­haft sind bestimmte Pflanzensc­hutzmittel zur Bekämpfung des Schädlings erlaubt. Im Privaten rät der „Natur-im-Garten“-Experte zum Vorbeugen: „Über niedrigen Kulturen wie Erdbeeren und Brombeeren kann man engmaschig­e Netze anbringen“, sagt Kunert. Zudem können Nützlinge wie Erzwespen als natürliche

Gegenspiel­er gefördert werden. Bei den ersten Anzeichen von Befall muss gehandelt werden. „Verdächtig­e Trauben etwa müssen entsorgt werden; aber nicht oberflächl­ich auf dem Komposthau­fen“, sagt der Biologe.

Essigfalle­n schaffen Klarheit. Sie locken jedoch Insekten aller Art an. Zudem gibt die AGES zu bedenken: „Obwohl in den letzten Jahren viele Untersuchu­ngen über Fallen für den Fang von Kirschessi­gfliegen durchgefüh­rt wurden, gibt es noch immer keine optimale Falle.“Franz Titschenba­cher, Präsident der Landwirtsc­haftskamme­r Steiermark, fordert denn „dringend Lösungen von Forschung und Wissenscha­ft . ... Der Holunderan­bau muss gerettet werden.“

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Ungenießba­r: Die winzigen Insekten legen Eier in intakte Früchte
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