Kameras messen Kleidergröße
Linzer Start-up. AMB technology hat eine Lösung entwickelt, die Kleidergrößen mithilfe von Videoaufnahmen erfasst
Linz. Das Start-up AMB technology hat eine Software entwickelt, die Körpermaße erfasst.
„Maschinen haben kein Auge für den menschlichen Körper. In sehr vielen Industrien können Produkte deshalb nicht digitalisiert werden“, sagt Anna Maria Brunnhofer. Das von der Linzerin Strategieberaterin im vergangenen Jahr gegründete Start-up AMB technology hat eine Technologie entwickelt, die das ändern soll. Die auf maschinellem Sehen (Computer Vision) und Datenanalysen basierende Lösung kann Körper anhand einfacher 2-D-Bilder, die mit videofähigen Kameras aufgenommen wurden, millimetergenau vermessen und rekonstruieren.
Zum Einsatz kommen soll die Technologie zunächst in der Textilindustrie. Dabei arbeitet man an mehreren Kooperationen – unter anderem mit einem großen internationalen Sportmode-Hersteller, der seine globale Produktion effizienter gestalten will. Dem stehen oft je nach Region oder Kontinent unterschiedliche Modegrößen entgegen, die mit den tatsächlichen Körpermaßen der Kunden nicht mehr viel zu tun haben. Modegrößen würden oft auf Annahmen basieren, verlässliche Daten im großen Umfang gebe es kaum, viele seien auch veraltet, sagt Brunnhofer. „In Japan sind die den Größen zugrunde liegenden Daten 20 Jahre alt. Sie stimmen nicht mehr, weil sich die Körpergrößen verändert haben. Die Technologie des Linzer Start-ups soll dabei helfen, die tatsächlichen Kleidergrößen der Kunden zu erfassen. Über smarte Spiegel in den Geschäften oder mit Webcams oder Smartphone-Kameras im Online-Handel.
„Unsere Software ist geräteunabhängig und läuft mit jeder Kamera“, sagt Brunnhofer. Bei der Integration der TrueSize genannten Lösung in Geräte und Plattformen arbeitet das Start-up mit Partnern zusammen.
Keine Comicfiguren mehr
Auf Basis der Messdaten kann die Software Menschen auch rekonstruieren und als physisch korrekte Avatare im digitalen Raum nachbilden. Herkömmliche Lösungen zur Erstellung solcher Avatare seien nicht zufriedenstellend, meint
Brunnhofer: „Man sieht wie eine Comicfigur.“
Das Bedürfnis, Erlebnisse ins Digitale zu übertragen, sei durch die Corona-Pandemie größer geworden, so die Gründerin. Mittlerweile zählt das in Linz ansässige internationale Team um Brunnhofer 15 Leute. Mit dabei sind auch erfolgreiche heimische Start-up-Veteranen. So hat etwa Bernd Guttmann (früher Finanzdirektor bei mysugr) die Funktion des Finanzchefs übernommen. Finanziert aus
wurde das Start-up aus Förderungen der Forschungsförderungsgesellschaft FFG und der Förderbank austria wirtschaftsservice (aws) sowie durch private Investoren. Eine erste große Finanzierungsrunde soll demnächst abgeschlossen werden. Mit dem Geld soll der für das Jahresende anvisierte Marktstart vorangetrieben werden.
Mehr Sicherheit
Die Technologie des Start-ups, die Brunnhofer als „Human Centric AI“, also als auf den Menschen konzentrierte künstliche Intelligenz bezeichnet, beschränkt sich nicht nur auf den Mode- und Kommunikationsbereich. Sie soll auch in der industriellen Produktion zum Einsatz kommen, um die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine sicherer zu gestalten. Fertigungsroboter sollen mit Hilfe der Lösungen des Start-ups Menschen erkennen und ihre Arbeitsabläufe auf sie abstimmen können, ohne sie zu gefährden. Durch die Corona-Pandemie seien zusätzliche Anforderungen für die Sicherheit in industriellen Fertigungsstätten dazugekommen, etwa Abstandsmessungen und das Erkennen von Masken, sagt Brunnhofer: „Unsere Technologieplattform hat auch dafür Lösungen.“