Mitte-Links stoppt Salvinis Vormarsch
Italien. Bündnis des Lega-Chefs scheiterte in der roten Hochburg Toskana, triumphierte aber in Ligurien und Venetien
Es kam dem raubeinigen früheren Innenminister Matteo Salvini gelegen, führte dann aber entgegen seiner Erwartungen und aller Umfragen nicht zu einer Siegesserie der rechten Lega: Am Sonntag, dem ersten Tag der Gemeinde- und Kommunalwahlen in Italien, wurde ein Rekord an Flüchtlingsankünften auf Lampedusa gemeldet. 26 Boote kamen mit mehr als tausend Flüchtlingen an, meist tunesische Staatsbürger. Insgesamt sind seit Jahresbeginn rund 21.500 Migranten auf dem Seeweg in Italien eingetroffen.
Salvini war vor ziemlich genau einem Jahr aus der italienischen Regierung geflogen, als die Allianz aus Lega und Fünf Sterne zerbrach. Ministerpräsident
Giuseppe Conte steht seither einer Mitte-links-Regierung aus Fünf Sterne und der sozialdemokratischen PD vor, Salvini dagegen sann auf Rache.
Hochburgen verteidigt
Während der Corona-Epidemie wurde Salvini durch das effiziente Krisenmanagement von Premier Conte (und Fehler in Lega-verwalteten Regionen) in den Schatten gestellt, jetzt war er dank steigender Flüchtlingszahlen wieder in seinem Wahlkampf-Element. Er wollte nicht nur eigene Hochburgen wie Ligurien und Venetien verteidigen – was ihm deutlich gelungen ist –, sondern auch Festungen der Linken (Kampanien, Apulien und Toskana) erobern.
In der Toskana ist er allerdings klar gescheitert – hier erklärte sich Mitte-links-Kandidat Eugenio Giani Montagabend zum Sieger, Lega-Kandidatin Susanna Ceccardi gestand ihre Niederlage ein. In Apulien gab es ein Kopf-an-Kopf-Rennen, hier stand der scheidende PD-Präsident Michele Emiliano vor der Wiederwahl. Und auch in Kampanien bahnte sich ein Sieg des amtierenden Präsidenten der Region, Vincenzo De Luca, von den Sozialdemokraten an.
In der bisher von den Sozialdemokraten regierten Adria-Region Marken setzte sich der Mitte-RechtsKandidat Francesco Acquaroli durch, der für die postfaschistische Partei „Fratelli d’Italia“(Brüder Italiens) antrat. Auch in der norditalienischen Region Aostatal lag bis Redaktionsschluss ein Bündnis unter Führung der Lega voran.
Insgesamt hatte Salvini den Durchbruch zusammen mit den „Brüdern Italiens“und der rechtskonservativen Forza Italia um den Corona-genesenen Ex-Premier Silvio Berlusconi schaffen wollen. Im Gegensatz zu den Regierungsparteien trat die Rechts-Allianz als kompakter Block auf. Der Lega-Chef spekulierte darauf, dass ein klarer Durchbruch der Rechtsparteien bei den Regionalwahlen der ohnedies labilen Conte-Regierung in Rom einen schweren Schlag versetzen könnte. Die Corona-Krise belastet viele italienische Familien schwer, die einen dramatischen Herbst aus Arbeitslosigkeit und Wirtschaftsrückgang befürchten und gerne die Protestslogans der Rechten hören.
Parlament verkleinert
Insgesamt 51 Millionen Italiener waren am Sonntag und Montag zu den Urnen gerufen: In sieben Regionen wurde die Regierung neu bestimmt, dazu fanden in 1.179 Gemeinden Kommunalwahlen statt, darunter in Bozen oder Venedig. In einem Referendum wurde zudem der historischen Verkleinerung des Parlaments in Rom von 945 auf 600 Parlamentarier zugestimmt.