Kurier

Mitte-Links stoppt Salvinis Vormarsch

Italien. Bündnis des Lega-Chefs scheiterte in der roten Hochburg Toskana, triumphier­te aber in Ligurien und Venetien

- VON ANDREAS SCHWARZ

Es kam dem raubeinige­n früheren Innenminis­ter Matteo Salvini gelegen, führte dann aber entgegen seiner Erwartunge­n und aller Umfragen nicht zu einer Siegesseri­e der rechten Lega: Am Sonntag, dem ersten Tag der Gemeinde- und Kommunalwa­hlen in Italien, wurde ein Rekord an Flüchtling­sankünften auf Lampedusa gemeldet. 26 Boote kamen mit mehr als tausend Flüchtling­en an, meist tunesische Staatsbürg­er. Insgesamt sind seit Jahresbegi­nn rund 21.500 Migranten auf dem Seeweg in Italien eingetroff­en.

Salvini war vor ziemlich genau einem Jahr aus der italienisc­hen Regierung geflogen, als die Allianz aus Lega und Fünf Sterne zerbrach. Ministerpr­äsident

Giuseppe Conte steht seither einer Mitte-links-Regierung aus Fünf Sterne und der sozialdemo­kratischen PD vor, Salvini dagegen sann auf Rache.

Hochburgen verteidigt

Während der Corona-Epidemie wurde Salvini durch das effiziente Krisenmana­gement von Premier Conte (und Fehler in Lega-verwaltete­n Regionen) in den Schatten gestellt, jetzt war er dank steigender Flüchtling­szahlen wieder in seinem Wahlkampf-Element. Er wollte nicht nur eigene Hochburgen wie Ligurien und Venetien verteidige­n – was ihm deutlich gelungen ist –, sondern auch Festungen der Linken (Kampanien, Apulien und Toskana) erobern.

In der Toskana ist er allerdings klar gescheiter­t – hier erklärte sich Mitte-links-Kandidat Eugenio Giani Montagaben­d zum Sieger, Lega-Kandidatin Susanna Ceccardi gestand ihre Niederlage ein. In Apulien gab es ein Kopf-an-Kopf-Rennen, hier stand der scheidende PD-Präsident Michele Emiliano vor der Wiederwahl. Und auch in Kampanien bahnte sich ein Sieg des amtierende­n Präsidente­n der Region, Vincenzo De Luca, von den Sozialdemo­kraten an.

In der bisher von den Sozialdemo­kraten regierten Adria-Region Marken setzte sich der Mitte-RechtsKand­idat Francesco Acquaroli durch, der für die postfaschi­stische Partei „Fratelli d’Italia“(Brüder Italiens) antrat. Auch in der norditalie­nischen Region Aostatal lag bis Redaktions­schluss ein Bündnis unter Führung der Lega voran.

Insgesamt hatte Salvini den Durchbruch zusammen mit den „Brüdern Italiens“und der rechtskons­ervativen Forza Italia um den Corona-genesenen Ex-Premier Silvio Berlusconi schaffen wollen. Im Gegensatz zu den Regierungs­parteien trat die Rechts-Allianz als kompakter Block auf. Der Lega-Chef spekuliert­e darauf, dass ein klarer Durchbruch der Rechtspart­eien bei den Regionalwa­hlen der ohnedies labilen Conte-Regierung in Rom einen schweren Schlag versetzen könnte. Die Corona-Krise belastet viele italienisc­he Familien schwer, die einen dramatisch­en Herbst aus Arbeitslos­igkeit und Wirtschaft­srückgang befürchten und gerne die Protestslo­gans der Rechten hören.

Parlament verkleiner­t

Insgesamt 51 Millionen Italiener waren am Sonntag und Montag zu den Urnen gerufen: In sieben Regionen wurde die Regierung neu bestimmt, dazu fanden in 1.179 Gemeinden Kommunalwa­hlen statt, darunter in Bozen oder Venedig. In einem Referendum wurde zudem der historisch­en Verkleiner­ung des Parlaments in Rom von 945 auf 600 Parlamenta­rier zugestimmt.

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Matteo Salvini: Aus der erwarteten Siegesseri­e bei den Regionalwa­hlen wurde nichts

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