Kurier

Facebook droht mit Rückzug aus Europa

Problem. Der US-Konzern fordert eine neue Regelung, um weiterhin Daten in die USA übertragen zu dürfen

- VON BARBARA WIMMER

Facebook droht damit, sich vom europäisch­en Markt zurückzuzi­ehen, wenn EU-Regulatore­n dem sozialen Netzwerk nicht die Freiheit geben, so zu agieren, wie das Unternehme­n will. „Es ist nicht klar, wie Facebook- und Instagram-Services in Europa fortgesetz­t werden können“, heißt es seitens des USKonzerns in einer offizielle­n Stellungna­hme an die irische Datenschut­zbehörde.

Diese ist nach einem Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fes (EuGH) vom Juli dieses Jahres dazu angehalten worden, aktiv zu werden. Nun hat die Behörde Facebook dazu aufgeforde­rt, den Transfer europäisch­er Daten in die USA zu stoppen.

Überwachun­gsgesetze

Das EU-Gericht hatte in seiner Entscheidu­ng nämlich festgestel­lt, dass sich USUnterneh­men wie Facebook nicht auf das zwischen den USA und Europa abgeschlos­sene Datenschut­zabkommen namens „Privacy Shield“berufen können. Dieses war vom Gerichtsho­f gänzlich gekippt worden. Auch „Standardve­rtragsklau­seln“bilden jedoch keine gültige Rechtsgrun­dlage, solange die

Unternehme­n selbst unter US-Massenüber­wachungsge­setze fallen. Diese erlauben es US-Behörden nämlich, auf Daten von Europäern zuzugreife­n. Damit seien diese in den USA nicht ausreichen­d geschützt, stellte der EuGH in seiner Entscheidu­ng fest.

Facebook stellt dieses

Urteil nun vor eine Herausford­erung. Die Kampfansag­e sollte, wie es scheint, allerdings gar keine sein.

Beschwicht­igung

Der US-Konzern versucht zu beschwicht­igen: Man habe nicht mit einem Rückzug aus Europa gedroht, so ein Unternehme­nssprecher

zum KURIER. „Aber die gesetzlich­e Lage schafft die simple Realität, dass Facebook und viele andere Unternehme­n, die auf Datentrans­fes zwischen der EU und den USA angewiesen sind, nicht mehr agieren können“, sagt der Facebook-Sprecher. Man fordere daher sichere und legale Standards für den internatio­nalen Datentrans­fer – also ein neues Abkommen zwischen den USA und Europa.

Experten gehen derzeit davon aus, dass es Facebook wirtschaft­lich enorm schaden würde, dem europäisch­en Markt tatsächlic­h den

Rücken zu kehren. Von einem Rückzug wären insgesamt 410 Millionen Menschen betroffen, die die Dienste Facebook und Instagram in Europa nutzen.

Großer Markt

Europa ist für den US-Konzern außerdem ein gutes Geschäft: Es ist der zweitgrößt­e Markt nach den USA, und Facebook erwirtscha­ftet hier 4,5 Milliarden US-Dollar Umsatz pro Quartal.

„Die Idee, dass sich Facebook aus Europa zurückzieh­en wird, glaubt niemand“, sagt Michael Veale, der am University College London zu Technologi­epolitik forscht.

Der Datenschüt­zer Max Schrems, der Facebook in dieser Angelegenh­eit vor dem EuGH geklagt hatte, hält dies ebenfalls für eine leere Drohung.

„Es ist schön, dass sich die Erkenntnis bei den globalen Konzernen nun auch durchsetzt, dass ihre Dienste so in Europa nicht anzubieten sind. Natürlich können sie aber ihre Produkte entspreche­nd anpassen. Durch ein stärker geteiltes Netzwerk, wo nur jene Daten mit den USA ausgetausc­ht werden, die wirklich hinmüssen, wäre das aber leicht möglich“, sagt Schrems.

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