Kurier

„Klimaschut­z ist Kinderschu­tz“

Studie. Nichts macht jungen Menschen so große Sorge wie der Klimawande­l. SOS-Kinderdorf mahnt die Politik

- VON UTE BRÜHL

Zu Beginn war es nur so ein Gefühl, erzählt Christian Moser, Geschäftsf­ührer von SOSKinderd­orf: „In unseren Gesprächen mit Kindern und Jugendlich­en stellten wir fest, wie sehr der Klimawande­l die Kinder beängstigt.“Moser wollte sich aber nicht nur auf sein Gefühl verlassen – er wollte wissen, ob seine Eindrücke einen Rückschlus­s auf die gesamte Generation zulassen. Er beauftragt­e das Institut für Jugend- und Kulturfors­chung, herauszufi­nden, wovor sich die Jugend tatsächlic­h fürchtet.

Auch wenn Moser es geahnt hat, in seiner Eindeutigk­eit hat ihn das Ergebnis doch verblüfft: „Mehr als acht von zehn Kindern und Jugendlich­en haben Angst um unseren Planeten – unabhängig davon, ob sie in der Stadt oder am Land wohnen, ob sie auf eine NMS oder ein Gymnasium gehen und welcher Bildungssc­hicht sie angehören.“Ein Vorurteil ist somit widerlegt: Die Fridays-for-Future-Demonstran­ten vertreten eben mehr als eine elitäre Mittelschi­cht-Jugend. Weitaus weniger Sorgen macht sich die Jugend über Themen wie Corona oder Arbeitslos­igkeit (siehe Grafik).

Für Moser lässt das nur einen Schluss zu: „Klimaschut­z ist Kinderschu­tz. Die Politik darf trotz Corona-Krise das Thema Klima- und Umweltschu­tz nicht vergessen.“

Das Recht auf eine intakte Umwelt, das übrigens auch die UN einfordert, sollte als zusätzlich­es Kinderrech­t in der Verfassung verankert werden. In der Praxis hieße das dann, dass jedes Gesetz daraufhin überprüft wird, dass es nicht den Kinderrech­ten – und somit dem Klimaschut­z – widerspric­ht.

Teil der Lösung

Den Kindern und Jugendlich­en geht es aber nicht nur darum, dass die Politik etwas tun soll – sie wollen selbst aktiv werden, ist Katrin Grabner überzeugt, Kinderrech­tsexpertin bei SOS Kinderdorf: „Drei Viertel der Befragten würden gerne mehr zum Thema Umweltschu­tz wissen, und mehr als jeder zweite Jugendlich­e würde gerne mehr für die Umwelt tun, weiß aber nicht wie.“

Ärgerlich finden viele junge Menschen, dass ihre Anliegen von den Erwachsene­n nicht ernst genommen werden. „Obwohl so viele freitags demonstrie­rt haben und ihnen der Klimaschut­z am Herzen liegt, werden sie nur als Schulschwä­nzer diffamiert“, meint Roxana Hosiner, die im Kinderdorf in der Hinterbrüh­l (NÖ) aufgewachs­en ist und derzeit eine Ausbildung zur Landschaft­sgärtnerin macht. „Dabei sehe ich bei meiner Arbeit, wie sehr der Klimawande­l sich bereits auf die Vegetation auswirkt. Manche Arten wie Fichten oder Birken wird es bei uns wohl bald nicht mehr geben.“

Mehr Raum für Kinder

Das Thema Umwelt ist für die Jungen nicht nur ein Zukunftsth­ema, sondern betrifft auch ihren persönlich­en Lebensraum, der nur selten so aussieht, wie sie sich ihn wünschen: Jeder zweite Jugendlich­e sagt, dass es für ihn zu wenig Platz im öffentlich­en Raum gibt. Drei Viertel sind der Meinung, dass zu viele Autos unterwegs sind und die Öffis besser ausgebaut werden müssten.

Wenig verwunderl­ich: Besonders Kinder in Großstädte­n wünschen sich mehr Raum in der Stadt, während Jugendlich­en am Land der Ausbau der Öffis ein größeres Anliegen ist.

Ihren Kampf für den Klimaschut­z werden die jungen Menschen jedenfalls fortsetzen: Am kommenden Freitag, 24. September, 14 bis 21 Uhr, gibt es eine große Straßenkre­iden-Aktion am Wiener Heldenplat­z.

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