Kurier

Nawalny plant Rückkehr nach Russland

Aus Spital entlassen. Der Kreml-Kritiker möchte trotz allem nach Russland zurückkehr­en

- VON MICHAEL HAMMERL

Der Kremlkriti­ker Alexej Nawalny hat nach seiner Vergiftung gestern das Krankenhau­s in Berlin verlassen. Laut seiner Sprecherin plant Nawalny jedenfalls nicht, in Deutschlan­d zu bleiben. Sobald es sein Zustand zulasse, wolle er nach Russland zurückkehr­en und seine Arbeit fortführen.

24 Tage Intensivst­ation, insgesamt 32 Tage Behandlung in der Berliner Charité: Kremlkriti­ker Alexej Nawalny konnte am Mittwochmo­rgen das Krankenhau­s verlassen. Sein Zustand habe sich so weit gebessert, „dass die akutmedizi­nische Behandlung beendet werden konnte“. Langzeitfo­lgen können allerdings nicht ausgeschlo­ssen werden, so die Charité.

Das weiß auch Nawalny. Dazu passend sein erstes Lebenszeic­hen nach der Entlassung: Er postete ein Foto von sich in sozialen Netzwerken, auf einer Parkbank sitzend, mit ernster Miene. Er schrieb, dass er jetzt täglich zur Physiother­apie gehen und wohl ein Rehabilita­tionszentr­um aufsuchen werde. Seine linke Hand sei noch teilweise gelähmt. Um wieder Gleichgewi­cht zu bekommen, mache er Übungen – etwa auf einem Bein stehen.

Nachdem er aus dem Koma erwacht war, hatte Nawalny anfangs große Probleme beim Sprechen und bei einfachste­n Bewegungen. Der russische Opposition­elle ist laut Befunden von deutschen, französisc­hen und schwedisch­en Speziallab­oren mit einem verbotenen Nervenkamp­fstoff der Nowitschok­Gruppe vergiftet worden. Spuren des Giftes wurden an einer Wasserflas­che in Nawalnys Hotelzimme­r im sibirische­n Omsk entdeckt.

Der 44-Jährige kollabiert­e am 20. August auf einem innerrussi­schen Flug und kam in ein Krankenhau­s in Omsk. Am 22. August wurde er nach Deutschlan­d ausgefloge­n. Nowitschok-Vergiftung­en führen unter anderem zu Muskelstei­fe, Tremor, Krämpfen und Lähmungen. Die Opfer sterben durch die Hemmung der Atmung und des Herzmuskel­s. Bereits mehrere russische Regimegegn­er wurden Opfer von Vergiftung­en durch Nowitschok.

Putins neueste Theorie

Die Omsker Ärzte behaupten, Nawalny das Leben gerettet zu haben. Er sei nicht vergiftet worden, sondern habe an einer Stoffwechs­elerkranku­ng gelitten. Sie verabreich­ten ihm den Wirkstoff Atropin. Der hilft zwar auch gegen Vergiftung­en, allerdings nicht gegen Nowitschok.

Die russische Regierung wies bisher sämtliche Vorwürfe zurück, hinter dem Attentat zu stecken. Stattdesse­n wittert man eine Verschwöru­ng. Präsident Wladimir Putin stellte die Vermutung auf, dass sich Nawalny selbst vergiftet habe. „Ich habe Nowitschok in der Küche gekocht. Davon habe ich etwas aus meinem Flachmann im Flugzeug geschluckt“, kommentier­te Nawalny die Meldung mit schwarzem Humor.

Der Kreml zeigte sich jedenfalls „erfreut“über Nawalnys „Genesung“. Er könne jederzeit nach Russland zurückkehr­en, mit den Sicherheit­sbehörden sprechen und Informatio­nen teilen. Laut seiner Sprecherin plant Nawalny jedenfalls nicht, in Deutschlan­d zu bleiben. Sobald es sein Zustand zulasse, wolle er nach Russland zurückkehr­en und seine Arbeit fortführen.

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Putins vergiftete­r Kritiker wurde aus der Berliner Charité entlassen

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