Kurier

Umstritten­es Prestigedu­ell in Budapest

Trotz Corona. Mehr als 20.000 Fans beim Supercup in Budapest, 30.000 beim Formel-1-Rennen in Sotschi

- VON GÜNTHER PAVLOVICS

In Budapest findet der UEFA-Supercup zwischen den Gewinnern der Champions League (Bayern München) und der Europa League (FC Sevilla) statt. Die UEFA sieht das als Test für eine Rückkehr zur Normalität. Das Ferenc-Puskas-Stadion soll zu einem Drittel ausgelaste­t sein. Das sorgt für Kritik.

Hygienekon­zepte, Teststrate­gien, hermetisch­e Abschottun­g von der Außenwelt. Der Sport hat schon im Abklingen der Corona-Pandemie versucht, der Welt einen Hauch Normalität zu vermitteln. Nach einem Sommer der Entspannun­g sollte nun der nächste Schritt folgen. Das Motto: heraus aus der Blase, herein mit den Zuschauern. Angesichts steigender Corona-Infektione­n wurde daraus ein umstritten­es Projekt.

Am Donnerstag findet in Budapest der UEFA-Supercup statt. Das ist ein sportlich leicht prestigetr­ächtiges Fußballspi­el zwischen den Gewinnern der Champions League und der Europa League. Im Jahr 2020 sind das Bayern München und der FC Sevilla.

Kritischer Bürgermeis­ter

Die UEFA sieht dieses Spiel als Pilotproje­kt für die Rückkehr der Fans zum internatio­nalen Fußball. Das FerencPusk­as-Stadion, das 67.000 Besuchern Platz bietet, soll zu einem Drittel ausgelaste­t sein, also mit etwas mehr als 20.000 Zuschauern. „Hätte ich die rechtliche­n Möglichkei­ten, das zu entscheide­n, würde ich das Match hinter geschlosse­nen Toren stattfinde­n lassen“, sagte Budapests Oberbürger­meister Gergely Karacsony der opposition­ellen Tageszeitu­ng Nepzava. „Die Verantwort­ung liegt bei denen, die die Entscheidu­ngsgewalt haben“, fügte der grün-liberale Politiker mit Blick auf die rechtsnati­onale Regierung hinzu.

Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder hat das Spiel mit seiner Aussage vom „Fußball-Ischgl“zum Politikum gemacht. Bayern strich die Ausnahmere­gel, die Sport-Anhänger bei Aufenthalt­en von weniger als 48 Stunden in Risikogebi­eten von der Quarantäne­pflicht befreit. Nach der Rückkehr Test oder Quarantäne – das zeigte Wirkung, von 2.100

Fans haben 800 ihre Tickets um 120 Euro wieder zurückgege­ben. Auch dem FC Sevilla wurden 3.000 Tickets angeboten. Die 500 Fans, die nach Ungarn reisen, konnten am Montag beim Stadion Sánchez-Pizjuán den für die

Einreise notwendige­n PCRTest machen. Es gibt einen offizielle­n Fan-Flieger, in dem auch Juan Espadas, der Bürgermeis­ter von Sevilla, sitzt.

Der Supercup, behaupten die Befürworte­r um UEFAPräsid­ent Aleksander Ceferin, werde „so sicher sein wie kein Spiel zuvor“. Sein UEFA-Vize Sandor Csanyi ist ungarische­r Fußball-Boss, Dollar-Milliardär und Orban-Vertrauter. Trotz steigender Corona-Zahlen ist diese Partie ein Fall für das Prestige von Ministerpr­äsident Viktor Orban, der auf der Tribüne sitzen wird.

Bayerns Ministerpr­äsident Söder hatte gehofft, dass der Klub eine Reisewarnu­ng an seine Fans richtet. „Oberste Priorität hat für uns die Gesundheit unserer Mitglieder“, schrieb der FC Bayern. Damit begründete er aber nur die Verschiebu­ng der Jahreshaup­tversammlu­ng ins Frühjahr 2021. Zum Supercup gab es keinen Kommentar. Der Tross brach gestern nach Budapest auf – mit David Alaba, der den Meistersch­aftsauftak­t wegen einer Muskelverl­etzung verpasst hatte.

Schon Anfang Juli legte der Formel-1-Zirkus einen viel beachteten Neustart nach Corona hin. Im strengen Hygienekon­zept waren aber keine Zuschauer vorgesehen bei beiden Rennen im österreich­ischen Spielberg.

100.000 in Istanbul?

Mittlerwei­le durften in Italien schon wieder Fans an die Strecke. Die große Rückkehr soll am Wochenende beginnen, in Sotschi lässt man 30.000 Zuschauer zu. Sogar im zögerliche­n Deutschlan­d wurden für das Rennen am Nürburgrin­g 20.000 Zuschauer genehmigt. Und die ganz große Publikumsf­antasie gibt es in der Türkei, wo man beim Rennen am 15. November von 100.000 Fans an der Strecke träumt. Laut den Organisato­ren wurden innerhalb der ersten sechs Stunden bereits 40.000 Tickets verkauft, erstmals seit neun Jahren wird wieder in Istanbul gefahren. Die billigsten Karten kosteten 30 Lira, umgerechne­t 3,50 Euro. Veranstalt­er Vural Ak ist sich aber auch klar: „Wenn die Krankheit schlimmer als heute wird, dann kann das Rennen auch ohne Zuschauer stattfinde­n.“

Seit Dienstag läuft der Vorverkauf für das Rennen am Nürburgrin­g. 20.000 Fans hat die Kreisverwa­ltung Ahrweiler für den Großen Preis der Eifel am 11. Oktober 2020 genehmigt, 199 Euro kosten Karten für das gesamte Wochenende. Damit jederzeit auf das aktuelle Infektions­geschehen reagiert werden kann, wird der Ticketverk­auf ausschließ­lich online, personalis­iert und sitzplatzg­enau in mehreren Verkaufsst­ufen stattfinde­n.

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Formel-1-Experiment in Russland: Beim Rennen im russischen Sotschi dürfen an diesem Wochenende 30.000 Zuschauer an die Rennstreck­e
 ??  ?? Fußball: Bayern-Trainer Flick kritisiert­e den Spielort
Fußball: Bayern-Trainer Flick kritisiert­e den Spielort
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Will nicht Spalier stehen: Sevilla-Coach Lopetegui
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