„Gesetz zum Wegsperren“
Nach polemischer Debatte beschließt Koalition Maßnahmen mit der SPÖ
Für die Neos ist es ein „Gesetz zum Wegsperren“, für die FPÖ gleicht der Regierungskurs in Sachen CovidMaßnahmen einer „X-LargeZerstörungspolitik“, „Demokratur“und „Sauerei“. Die SPÖ wirft der Koalition „Planlosigkeit“vor – und den Vorsprung aus dem Frühjahr verspielt zu haben.
Die Debatte vor dem Beschluss des Corona-Maßnahmenpakets (mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und SPÖ) am Mittwoch ist ungewöhnlich untergriffig, teils unglaublich polemisch.
Allen voran die FPÖ übt harte Kritik, bringt einen Misstrauensantrag gegen die Regierung und einen Antrag, über die neuen Regeln (siehe Info) eine Volksabstimmung abzuhalten ein (beides blieb ohne Mehrheit). Die FPÖ ortet ein „Herbeitesten einer zweiten Welle“und einen „Impfzwang“.
Und sie setzt auf Aktionismus (Mandatar Kaniak zerreißt am Rednerpult ein Blatt, denn das Gesetz sei das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben ist; davor entrollt die FPÖ ein Transparent, das gleich wieder entfernt wird), was seitens der angegriffenen Grünen nicht unkommentiert bleibt.
Die grüne Klubchefin Sigrid Maurer attestiert FPÖDie
Klubchef Herbert Kickl „verantwortungsloses Verhalten“, Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) bescheinigt „Primar Kickl“noch „vor wenigen Monaten Vorreiter zum Lockdown in einem Höllentempo“gewesen und „jetzt der Chefleugner von Corona“zu sein.
SPÖ setzt trotz aller Kritik („Die Corona-Ampel ist komplett versemmelt“, sagt SPÖ-Mandatar Jörg Leichtfried) auf Konstruktivität. „Es ist an der Zeit, Parteitaktik und Wahlkampfgetöse zur Seite zu stellen“, begründet Pamela Rendi-Wagner die Zustimmung der SPÖ als einziger Oppositionspartei.
Den Neos unterstellt Leichtfried indes, „billiges Effekthaschen“zu betreiben. Das lässt Neos-Mandatar Nikolaus Scherak nicht auf sich sitzen. Die Grünen hätten es in der Debatte um das Flüchtlingslager im griechischen Moria und als Teil der Regierung „nicht einmal geschafft, Flüchtlinge aufzunehmen“und er erklärt: „Der ÖVP taugen Allmachtsfantasien“. Weil es der „umfassendste Angriff auf die Grund- und Freiheitsrechte“sei, stimmen die Neos dem Gesetzespaket dann auch nicht zu.
Die kritisierten Koalitionsparteien ÖVP und Grüne sparen ihrerseits nicht mit verbalen Retourkutschen. ÖVP-Gesundheitssprecherin Gaby Schwarz hält Kickls Beschreibungen der Regierung – wie „Blockwarte“und „Schwarz-Grün will der Republik mit einem parlamentarischen Rollkommando an den Kragen gehen“– für „unerträglich“. Und Schwarz meint, Schweden als Vorbild heranzuziehen, sei eine „zynische Vorgangsweise“. Die Infektionszahlen würden dort dermaßen ansteigen, dass die Regierung schärfere Maßnahmen überlege.
Eine ungewöhnliche Breitseite Richtung Opposition gibt es auch von Anschober. Es sei ob der steigenden Zahlen (8.258 aktive Fälle, 413 Hospitalisierte) „verantwortungslos, die Pandemie herunterzuspielen. Wer das tut, dem sei nicht zu helfen.“
Moria-Schlagabtausch
Apropos helfen: Da bleibt die Koalition bei ihrem Kurs, keine unbegleiteten Minderjährigen aus Moria aufzunehmen. Für Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger benutzt Kurz Flüchtlinge „quasi als menschliche Schutzschilde“, für SPÖ-Chefin Rendi-Wagner ist „Kinder zu retten niemals Symbolpolitik“– doch Kurz bleibt dabei. Er unterstütze einen europäischen Weg (s. Seite 8), aber „in diesem Leben“sicher keine Lösung, die Menschen anlocke, Schlepper fördere und dafür sorge, dass unzählige Menschen im Meer ertrinken.
„Schwarz-Grün will der Republik mit einem parlamentarischen Rollkommando an den Kragen gehen“
Herbert Kickl Gf. Klubobmann der FPÖ „Verantwortungslos, die Pandemie herunterzuspielen. Wer das verharmlost, dem ist wirklich nicht zu helfen“
Rudolf Anschober Gesundheitsminister (Grüne)