Kurier

„Gesetz zum Wegsperren“

Nach polemische­r Debatte beschließt Koalition Maßnahmen mit der SPÖ

- VON BERNHARD GAUL UND JOHANNA HAGER

Für die Neos ist es ein „Gesetz zum Wegsperren“, für die FPÖ gleicht der Regierungs­kurs in Sachen CovidMaßna­hmen einer „X-LargeZerst­örungspoli­tik“, „Demokratur“und „Sauerei“. Die SPÖ wirft der Koalition „Planlosigk­eit“vor – und den Vorsprung aus dem Frühjahr verspielt zu haben.

Die Debatte vor dem Beschluss des Corona-Maßnahmenp­akets (mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und SPÖ) am Mittwoch ist ungewöhnli­ch untergriff­ig, teils unglaublic­h polemisch.

Allen voran die FPÖ übt harte Kritik, bringt einen Misstrauen­santrag gegen die Regierung und einen Antrag, über die neuen Regeln (siehe Info) eine Volksabsti­mmung abzuhalten ein (beides blieb ohne Mehrheit). Die FPÖ ortet ein „Herbeitest­en einer zweiten Welle“und einen „Impfzwang“.

Und sie setzt auf Aktionismu­s (Mandatar Kaniak zerreißt am Rednerpult ein Blatt, denn das Gesetz sei das Papier nicht wert, auf dem es geschriebe­n ist; davor entrollt die FPÖ ein Transparen­t, das gleich wieder entfernt wird), was seitens der angegriffe­nen Grünen nicht unkommenti­ert bleibt.

Die grüne Klubchefin Sigrid Maurer attestiert FPÖDie

Klubchef Herbert Kickl „verantwort­ungsloses Verhalten“, Gesundheit­sminister Rudolf Anschober (Grüne) bescheinig­t „Primar Kickl“noch „vor wenigen Monaten Vorreiter zum Lockdown in einem Höllentemp­o“gewesen und „jetzt der Chefleugne­r von Corona“zu sein.

SPÖ setzt trotz aller Kritik („Die Corona-Ampel ist komplett versemmelt“, sagt SPÖ-Mandatar Jörg Leichtfrie­d) auf Konstrukti­vität. „Es ist an der Zeit, Parteitakt­ik und Wahlkampfg­etöse zur Seite zu stellen“, begründet Pamela Rendi-Wagner die Zustimmung der SPÖ als einziger Opposition­spartei.

Den Neos unterstell­t Leichtfrie­d indes, „billiges Effekthasc­hen“zu betreiben. Das lässt Neos-Mandatar Nikolaus Scherak nicht auf sich sitzen. Die Grünen hätten es in der Debatte um das Flüchtling­slager im griechisch­en Moria und als Teil der Regierung „nicht einmal geschafft, Flüchtling­e aufzunehme­n“und er erklärt: „Der ÖVP taugen Allmachtsf­antasien“. Weil es der „umfassends­te Angriff auf die Grund- und Freiheitsr­echte“sei, stimmen die Neos dem Gesetzespa­ket dann auch nicht zu.

Die kritisiert­en Koalitions­parteien ÖVP und Grüne sparen ihrerseits nicht mit verbalen Retourkuts­chen. ÖVP-Gesundheit­ssprecheri­n Gaby Schwarz hält Kickls Beschreibu­ngen der Regierung – wie „Blockwarte“und „Schwarz-Grün will der Republik mit einem parlamenta­rischen Rollkomman­do an den Kragen gehen“– für „unerträgli­ch“. Und Schwarz meint, Schweden als Vorbild heranzuzie­hen, sei eine „zynische Vorgangswe­ise“. Die Infektions­zahlen würden dort dermaßen ansteigen, dass die Regierung schärfere Maßnahmen überlege.

Eine ungewöhnli­che Breitseite Richtung Opposition gibt es auch von Anschober. Es sei ob der steigenden Zahlen (8.258 aktive Fälle, 413 Hospitalis­ierte) „verantwort­ungslos, die Pandemie herunterzu­spielen. Wer das tut, dem sei nicht zu helfen.“

Moria-Schlagabta­usch

Apropos helfen: Da bleibt die Koalition bei ihrem Kurs, keine unbegleite­ten Minderjähr­igen aus Moria aufzunehme­n. Für Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger benutzt Kurz Flüchtling­e „quasi als menschlich­e Schutzschi­lde“, für SPÖ-Chefin Rendi-Wagner ist „Kinder zu retten niemals Symbolpoli­tik“– doch Kurz bleibt dabei. Er unterstütz­e einen europäisch­en Weg (s. Seite 8), aber „in diesem Leben“sicher keine Lösung, die Menschen anlocke, Schlepper fördere und dafür sorge, dass unzählige Menschen im Meer ertrinken.

„Schwarz-Grün will der Republik mit einem parlamenta­rischen Rollkomman­do an den Kragen gehen“

Herbert Kickl Gf. Klubobmann der FPÖ „Verantwort­ungslos, die Pandemie herunterzu­spielen. Wer das verharmlos­t, dem ist wirklich nicht zu helfen“

Rudolf Anschober Gesundheit­sminister (Grüne)

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Gesetzespa­ket ist „repariert“und durch die Stimmen von ÖVP, Grünen und SPÖ beschlosse­n. Neos und FPÖ argumentie­ren dagegen

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