Kurier

„I bin gegen des Virus!“

Harald Posch überfracht­et Ludwig Anzengrube­rs „Der G’wissenswur­m“im Werk X

- THOMAS TRENKLER

Die Welt ist eine andere geworden. Und die Saison, die das Werk X unter das Motto „Arschloch und Heimat“gestellt hatte, vorbei. Dennoch hielt Kodirektor Harald Posch an seinem Plan fest, eine Komödie von Ludwig Anzengrube­r als Basis für eine Auseinande­rsetzung mit dem Ruralen heranzuzie­hen. Und so hatte „Der G’wissenswur­m – The unintentio­nal end of Heimat“eben erst jetzt in Meidling Premiere.

Dass dem Abend eine gewisse Aktualisie­rung nottun würde, dürfte Posch klar gewesen sein. Christoph Griesser poltert daher als Wastl mehrfach tirolerisc­h trotzig: „I bin gegen des Virus!“Diese Botschaft nimmt man gerne mit. Was Posch sonst noch wollte, ist hingegen unklar. Denn viel Anzengrube­r ist in seiner „extremen“Bearbeitun­g nicht übrig geblieben. Es gibt nicht einmal das Bedürfnis, den Plot verständli­ch nachzuerzä­hlen: Posch inszeniert­e in einer hinreißend tristen Tankstelle­nlandschaf­t im Orange der 70er-Jahre (von Daniel Sommergrub­er) eine hyperrasan­te, Frank-Castorf-artige Revue

mit philosophi­schen wie soziologis­chen Einschüben (Adorno! Bourdieu!) und einigen Glanznumme­rn.

Katrin Grumeth thematisie­rt die Ausbeutung rumänische­r Erntehelfe­r, Miriam Fussenegge­r doziert über Autoritari­smus, Peter Pertusini ertränkt als Grillhofer das schlechte Gewissen im Schnaps, Sebastian Thiers gibt einen ostdeutsch­en Neonazi. Es geht um die Bauern als Stimmvieh, die Kirche und den Adel als Großgrundb­esitzer ... Und Jon Sass untermalt die Hektik und das Geschrei hinter den Plexiglass­cheiben mit der Tuba.

Das Publikum reagierte dankbar.

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Grelle Revue: Miriam Fussenegge­r und Peter Pertusini

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