„I bin gegen des Virus!“
Harald Posch überfrachtet Ludwig Anzengrubers „Der G’wissenswurm“im Werk X
Die Welt ist eine andere geworden. Und die Saison, die das Werk X unter das Motto „Arschloch und Heimat“gestellt hatte, vorbei. Dennoch hielt Kodirektor Harald Posch an seinem Plan fest, eine Komödie von Ludwig Anzengruber als Basis für eine Auseinandersetzung mit dem Ruralen heranzuziehen. Und so hatte „Der G’wissenswurm – The unintentional end of Heimat“eben erst jetzt in Meidling Premiere.
Dass dem Abend eine gewisse Aktualisierung nottun würde, dürfte Posch klar gewesen sein. Christoph Griesser poltert daher als Wastl mehrfach tirolerisch trotzig: „I bin gegen des Virus!“Diese Botschaft nimmt man gerne mit. Was Posch sonst noch wollte, ist hingegen unklar. Denn viel Anzengruber ist in seiner „extremen“Bearbeitung nicht übrig geblieben. Es gibt nicht einmal das Bedürfnis, den Plot verständlich nachzuerzählen: Posch inszenierte in einer hinreißend tristen Tankstellenlandschaft im Orange der 70er-Jahre (von Daniel Sommergruber) eine hyperrasante, Frank-Castorf-artige Revue
mit philosophischen wie soziologischen Einschüben (Adorno! Bourdieu!) und einigen Glanznummern.
Katrin Grumeth thematisiert die Ausbeutung rumänischer Erntehelfer, Miriam Fussenegger doziert über Autoritarismus, Peter Pertusini ertränkt als Grillhofer das schlechte Gewissen im Schnaps, Sebastian Thiers gibt einen ostdeutschen Neonazi. Es geht um die Bauern als Stimmvieh, die Kirche und den Adel als Großgrundbesitzer ... Und Jon Sass untermalt die Hektik und das Geschrei hinter den Plexiglasscheiben mit der Tuba.
Das Publikum reagierte dankbar.