„Ideologie, die Hass begünstigt“
Die Integrationsministerin über Moscheeschließungen und austro-türkische Helden
KURIER: Frau Minister, der Attentäter von Wien hat zwei Moscheen besucht, war dort aber weder Imam noch Chef des dahinterstehenden Vereins. Warum werden diese Einrichtungen so plötzlich geschlossen?
Susanne Raab: Es stimmt, der Täter hat die Moscheen regelmäßig besucht, aber ausschlaggebend für die Schließung war etwas anderes.
Nämlich?
Es gibt vom Verfassungsschutz sehr konkrete Hinweise, dass die Moschee-Besuche seine Radikalisierung begünstigt haben. Wie? Weil man dort auf Gleichgesinnte trifft, weil dort ein Narrativ verwendet wird, das vielleicht noch nicht strafbar sein muss, aber klar anti-westlich und anti-demokratisch ist, und das mit einer Wir-gegensie-Mentalität die Spaltung zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen fördert. Kurzum: Dort herrschte eine Ideologie, die den Hass begünstigt.
Aber diese Zustände hat es länger gegeben. Wäre denn das Attentat nicht passiert, wenn die Moscheen früher geschlossen worden wären?
Details über mögliche Beobachtungen kann ich hier nicht preisgeben. Man darf aber nicht vergessen: Aus naheliegenden Gründen gab in den vergangenen Tagen intensive Ermittlungen im Umfeld des Täters. Und diese haben dazu geführt, dass wir Donnerstagabend Informationen bekommen haben, die letztlich die Schließung der
Moscheen rechtfertigen. Man darf nicht vergessen: Hier geht es immer noch um Religionsfreiheit und damit um ein Grundrecht. Wichtig ist mir: Mit der Schließung von Moscheen gehen wir gegen den Extremismus vor, nicht gegen Religionen.
Anlässlich des Terroranschlages wird verstärkt über die Sicherungshaft diskutiert. Ihr Parteikollege Thomas Stelzer fordert diese dezidiert. Wie stehen Sie dazu?
Ich bin überzeugt, dass wir eine bessere Handhabe brauchen, um gegen Gefährder in der Gesellschaft vorgehen zu können. Ebenso wichtig ist aber die Prävention. Wir müssen der Gewalt den Nährboden entziehen – in Moscheen, islamischen Bildungseinrichtungen, etc. Und der dritte Bereich ist, wie wir Straftäter, die in Haft gesessen sind, deradikalisieren können. Zu weiteren Details will ich mich vorerst aber nicht äußern.
Zur Integration: Es gab zwei junge Österreicher mit türkischem Background, die in der Terrornacht Menschen geholfen haben. Die CobraBeamten, die den Attentäter getötet haben, wurden von Kanzler und Innenminister empfangen und ausgezeichnet, den erwähnten AustroTürken haben der türkische Botschafter und Präsident Erdoğan gratuliert – nicht aber die Bundesregierung. Warum eigentlich?
Ich möchte darauf hinweisen, dass es unzählige Menschen mit und ohne Migrationshintergrund gegeben hat, die in dieser Nacht geholfen haben. Die Sanitäter, Polizisten, Krisenpsychologen, Gastwirte, Hoteliers und viele mehr: Da waren ganz, ganz viele mit Migrationshintergrund dabei. Ihnen allen spreche ich als Integrationsministerin meinen Dank aus.
Einen näheren Grund, warum die beiden Austro-Türken nicht vor den Vorhang gebeten worden sind, gibt’s also nicht?
Ich hab in den vergangenen Tagen viele Geschichten von tollen Menschen gesehen. Ihnen allen gilt mein Dank. Egal ob mit türkischem, bosnischem oder ganz ohne Migrationshintergrund. Der Anschlag galt uns allen, der Attentäter wollte einen Keil zwischen uns treiben. Aber da mach’ ich nicht mit.
„Gefährder stoppen“. Nach dem Terroranschlag in Wien gibt es in den Reihen der Grünen offenbar Bewegung in der Frage der Sicherungshaft. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) zeigte sich gegenüber rechtlichen Verschärfungen im Kampf gegen Terrorismus durchaus offen. Man müsse prüfen, ob die rechtliche Instrumente reichen, um Gefährder zu stoppen. „Offensichtlich gibt es hier ein Thema, nicht nur in Österreich, auch in Deutschland läuft die Diskussion“, sagte Anschober im Ö1-Radio.