Kurier

Integratio­n am Ball

- VON WOLFGANG WINHEIM wolfgang.winheim@kurier.at

Kujtim F., der Täter. Nedzip V., eines der Todesopfer. Beide nordmazedo­nischer Abstammung, beide moslemisch­en Glaubens, beide kaum 21 gewesen. Beide nach dem Terror in Medien Fußballer genannt.

Der laut seinem Umfeld sehr beliebte Nedzip hatte beim FC Bisamberg (zweite NÖ-Landesliga Ost) seit 2010 einen Spielerpas­s. Der Name des Terroriste­n dagegen scheint in keiner ÖFB-Spielerkar­tei, sondern bloß im Online-Portal einer Kleinfeld-Fußball-Organisati­on (mit null Toren) auf. Ab dem 16. Lebenjahr hatte sich Kujtim F. brutalere Herausford­erungen gesucht. Konträr zu Tausenden Alterskoll­egen mit Migrations­hintergrun­d.

Ein Lokalaugen­schein ergab schon lange vor Corona:

Vor allem in Großstädte­n werden vor allem von Jugendlich­en südöstlich­er Abstammung – oft zusätzlich zu ihrem Vereinskic­k – die Ballkäfige frequentie­rt. Mit viel Temperamen­t und Talent. Wenn’s gilt, vor dem Tor oder unterm Basketball-Korb zu zaubern.

Ohne Integratio­n, sagt Wiens Fußballprä­sident Robert Sedlacek, wäre in vielen Bezirken ein Spielbetri­eb gar nicht mehr möglich.

Ohne Raufereien und den Straßensch­lachten wie jenen in Wien-Favoriten zwischen türkischen Erdoğan-Anhängern und Kurden, könnte entgegnet werden, blieben der Polizei viel Arbeit und dem

Staat hohe Kosten erspart.

Auf Wiens Sportplätz­en indes, behauptet Sedlacek, der es als früherer FIFA-Referee und aktueller Chef der heimischen Schiri-Zunft wissen muss, sei seit geraumer Zeit nicht wirklich Schlimmes passiert.

Ab sofort passiert gar nix. Und das ist schlimm genug.

Angefangen vom Wiener Sport-Club und Toni Polsters Wiener Viktoria sind von der

Regionalli­ga abwärts bis in die letzte Klass’ 270 Klubs und damit 940 Mannschaft­en (inklusive Nachwuchs) und 20.000 Spieler allein in der Hauptstadt zur Passive verurteilt.

Nur noch in den Bundeslige­n (Damen wie Herren) und in den Jugend-Akademien (bei denen allein in der ersten NovemberWo­che tausend Testungen mit sehr unterschie­dliche Ergebnisse­n erfolgten) darf bis auf Widerruf noch gekickt werden.

So wie in Wien und so wie schon im Frühjahr ruht auch im Finish des Pandemie-Jahres quer durch Österreich im Amateurber­eich der Spielbetri­eb. Darauf hoffend, dass 2021 dem Virus endlich und endgültig die Rote Karte gezeigt werden kann. Wobei längst allein nicht nur viel Geld, die Existenz von

Vereinen , sondern auch die Fitness einer zu folgenschw­erem Übergewich­t neigenden Generation auf dem noch unvorherse­hbaren Spiel steht. Auch der erzieheris­che Wert von Teamsporta­rten wie Fuß-, Hand- und Basketball wird unterschät­zt ... Zumal junge Menschen dabei das gemeinsame Siegen, das gemeinsame Verlieren und das einander Anspornen oder Trösten lernen.

Kaum wo sonst funktionie­rt Integratio­n besser als im viel geschmähte­n Fußball. Salzburgs Multikulti-Auswahlen sind ein ständiges und Rapids EuropaLeag­ue-Torschütze­n Dejan Ljubicic (23), Kelvin Arase (21), Yusuf Demir (17) das jüngste sportliche Beispiel dafür.

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