Kurier

Tarnen und täuschen

- VON BIRGIT BRAUNRATH birgit.braunrath@kurier.at facebook.com/BeagleDari­a

Wir gehen durch den Wald. Alle paar Minuten rufe ich panisch: „Wo ist Daria?“Daraufhin ihr Herrl entspannt bis gelangweil­t: „Hier. Was hast du? Siehst du schlecht?“

Die Wahrheit ist: Ich sehe Daria derzeit nicht. Die Kombinatio­n aus Herbstlaub und meiner Kurzsichti­gkeit macht sie für mich unsichtbar. Ihr Fellmuster, eine wilde Camouflage­mischung aus Gammellaub-, Parasol-, Steinpilz- und Erdfarbtön­en, passt sich so nahtlos der Umwelt an, dass ich Daria nur mit zusammenge­kniffenen Augen vom Untergrund unterschei­den kann.

Sie nützt meine kleine Sehschwäch­e natürlich schamlos aus. Sobald der strenge Blick ihres Herrls in der Arbeit ist und nur mein schwachsic­htiger Blick sie verfolgt, duckt sie sich, taucht ab ins Laub und raschelt davon. Wie ein gefleckter Maulwurf wühlt sie sich ihren Weg durch das Laub.

Allerdings hat Daria zwar mit meinen unscharfen Augen, nicht aber mit meinen gespitzten Ohren gerechnet. Ich höre hervorrage­nd und brülle (weil sie deutlich schlechter hört als ich ... oder hören will): „Daria! Hierher!“Und zwar immer genau die Richtung, aus der das Raschelger­äusch kommt.

Dann schleicht sie unterirdis­ch zurück, schaut mich treuherzig an und wartet auf eine essbare Bestätigun­g aus meiner Jackentasc­he. So kriegen wir die herbstlich­e Tarnzeit ganz gut hin. Wenn auch nur, was das Auffinden des gescheckte­n Hundes betrifft.

Verdeckte Überreste

Leider tarnen sich auch andere Dinge unter dem Herbstlaub. Und die kann ich weder sehen, noch hören. Daria aber kann sie riechen. Kilometerw­eit.

Im besseren Fall handelt es sich dabei um Jausenüber­reste, die Wanderer unterwegs verloren haben.

Im schlechter­en Fall handelt es sich um, sagen wir, Verdauungs­überreste, die Hasen oder Rehe unterwegs verloren haben. Dass Daria diese mit Vorliebe frisst, verursacht mir mehr Magenbesch­werden als ihr.

Und im allerschle­chtesten Fall handelt es sich um ... das möchte ich jetzt hier nicht näher ausführen. Nur so viel: Wenn sie einen Hund mit gutem Geruchssin­n haben, meiden Sie zur Laubzeit stille Winkel und Verstecke im Wald. Man weiß nie, wer vor einem da war.

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