Kurier

Krimi, auf links gedreht

Start für „Letzter Wille“mit Johannes Zeiler und Brigitta Kanyaro (Montag, ORF 1)

- VON NINA OBERBUCHER

Am Beginn steht ein Todesfall. Dann beginnt ein ungleiches Duo zu ermitteln. So weit, so bekannt ist dieses Schema aus diversen TV-Krimis. Doch in der neuen ORFSerie „Letzter Wille“wird kein Mörder gejagt. Stattdesse­n machen sich die beiden Protagonis­ten Paul Schwartz (Johannes Zeiler) und Julia Marquard (Brigitta Kanyaro) auf eine humorvolle, schräge, mitunter auch traurige Suche nach dem oder den rechtmäßig­en Erben – nämlich dann, wenn keine Angehörige­n bekannt sind.

Wie das vonstatten­geht, ist ab morgen (Montag), 20.15 Uhr, auf ORF 1 zu sehen. Die Idee zu „Letzter Wille“stammt von Markus Engel, der auch für sechs der Drehbücher und die Regie in vier der insgesamt acht Episoden verantwort­lich zeichnet. Vom Beruf des Erbenermit­tlers hat er vor Jahren in einem Zeitungsar­tikel gelesen, erzählt er in einem Videotelef­onat. „Das hat mich irgendwie fasziniert, weil das wie ein Krimi ist, ohne dass jemand fragen muss: Wo waren Sie gestern um halb vier?“, erzählt Engel. „Es ist keine Suche nach Leuten, die den Toten gehasst haben, sondern nach Menschen, die sich geliebt haben.“

Muffeliger Typ

Mit auf diese Suche begibt sich Schauspiel­er Johannes Zeiler, der bereits Ermittlung­serfahrung aus der ORFSerie „CopStories“hat und an der Seite von Anke Engelke in der Netflix-Serie „Das letzte Wort“mit dem Thema Tod zu tun hatte. Er schlüpft für „Letzter Wille“in die Rolle des Paul Schwartz – ein „muffeliger Typ“, der etwas von Dr. House hat, wie Zeiler findet. „Ich habe es sehr genossen, mir diesen Charakter anzueignen, der am Anfang ganz schön sperrig war. Er hat sich gebogen und ist ausgewiche­n, bis ich ihn dann gefangen habe.“Aber das passt auch zur Figur des Paul

Schwartz, der „sich immer in einem anderen Mäntelchen versteckt, eloquent und trickreich ist, schwindelt und lügt und sich dabei wie ein Fisch im Wasser fühlt.“Denn um einen rechtmäßig­en Erben ausfindig zu machen, greift Paul Schwartz tief in die Trickkiste, stellt sich mal als ORF-Mitarbeite­r, dann als Beamter einer fiktiven Behörde oder Organisato­r einer Maturafeie­r vor.

Ganz anders geht da seine Kollegin Julia Marquard vor, die lebensfroh ist und ihr Herz auf der Zunge trägt. Gespielt wird sie von Brigitta Kanyaro. Es ist ihre erste Serien-Hauptrolle, davor war sie u. a. in „Walking on Sunshine“zu sehen und zuletzt vor allem hinter der Kamera aktiv. „Letzter Wille“habe ihr neue Projekte ermöglicht. „Mich zieht die Leichtigke­it dieser Serie an – die Leichtigke­it

in den schweren Dingen. Dieser Kontrast war sehr interessan­t für mich.“

Ebenso spannend sei für sie die Kombinatio­n mit historisch­en Begebenhei­ten – denn in jeder Folge spielt auch ein Stück der jüngeren österreich­ischen Geschichte eine Rolle.

Ausgefragt

Im Auftaktfal­l ermitteln Schwartz und Marquard, die ihr Büro übrigens in einem hippen Co-Working-Space haben, nach dem Suizid einer jungen Frau. Die hatte scheinbar keine Verwandten – dafür eine große leere Wohnung. Unter den wenigen Habseligke­iten, die bei ihr gefunden wurden, erweist sich ein altes Zeitungsfo­to von der Au-Besetzung als wichtiger Hinweis. Eine andere Episode dreht sich um ein Unfallopfe­r, das als Baby ausgesetzt wurde, und dessen Geschichte eine Verbindung zum Atomkraftw­erk Zwentendor­f hat.

Der historisch­e Hintergrun­d ist bekannt, aber wie viel Wahrheit steckt sonst in der Serie? „Ich habe einen echten Erbenermit­tler kontaktier­t und ausgefragt“, erzählt Engel. „Er hat auch jedes Drehbuch gegengeles­en. Das ist alles stimmig. Manches würde vielleicht in echt zwei Jahre dauern und braucht bei uns halt nur zwei Tage.“Auch die Fälle selbst beruhen – in abgewandel­ter Form – auf wahren Begebenhei­ten. „Wenn ein Mensch stirbt, stirbt ein ganzer Kosmos und diesen gilt es zu erkunden – mit Kindheitse­rinnerunge­n, Alltagsges­chichten und Verwerfung­en“, so Engel, der als Inspiratio­n für die Ästhetik der Serie u. a. „True Detective“nennt.

Überlegung­en über eine zweite Staffel wurden schon angestellt. Kanyaro und Zeiler zeigen sich zuversicht­lich, dass es eine Fortsetzun­g geben wird. „Wir haben noch viele Ideen“, versichert Engel.

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Ungleiches Duo: Paul Schwartz (Johannes Zeiler) und Julia Marquard (Brigitta Kanyaro)

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