Kurier

Vom Hinübersch­auen

- VON KARL HOHENLOHE office@hohenlohe.at

Das war eine wunderschö­ne Sendung. „Goldener Herbst“beim ORF um 22:35. Den Jungen zu früh, den Alten zu spät. Schade, dass manche sie versäumt haben. Waltraut Haas, Renate Holm, Hugo Portisch, Karl Merkatz, Harald Serafin, Sepp Forcher und Otto Schenk über das Altwerden und was vielleicht nachher kommt.

Nachher? Das Sterben hat sich daran gewöhnt, dass man es mit „nachher“umschreibt, ein mildes Adjektiv, Baldrian aus dem Wörterbuch. Vielleicht? Bezüglich „vielleicht“lächelt das Sterben, dieses Wort hat in seinem Universum keinen Platz.

Es gibt wenige Ereignisse, die so fantasievo­ll in Erscheinun­g treten wie der Tod. Manchmal kommt er auf leisen Sohlen, dann mit Donnerschl­ag, manchmal lauert er ums Eck, manchmal steht er plötzlich vor der Tür, manchmal kündigt er sich an, manchmal nicht.

Wenn der Tod von Menschenha­nd geleitet wird, dann entgleitet er dem Gefüge der Vorsehung. Dann verliert er alles Tröstliche, dann schlägt er schrecklic­he Kerben, Erlösung bleibt aus. Seitenstet­tengasse.

Den jungen Menschen ist der Tod ein Fabelwesen aus einer fernen, trüben Welt. Wird man älter, lichten sich die Nebel. Das Tröstliche, jeder stirbt, aber das tröstet nicht jeden.

Was haben Waltraut Haas, Renate Holm, Hugo Portisch, Karl Merkatz, Harald Serafin, Sepp Forcher und Otto Schenk bezüglich des Sterbens gemein? Sie warten nicht darauf. Sie gehen – so gut es eben geht – ihren Lebensweg weiter, denn nur wenn man stehen bleibt, dann wird der Tod mitunter hellhörig.

Man fragt sich, warum diese berühmten Österreich­erinnen und Österreich­er so wenig Angst vor dem zeigen, was vielleicht nachher kommt. Frau Holm, beispielsw­eise, hat sich mit Religiosit­ät gewappnet, Herr Schenk trägt eine Rüstung aus Humor.

Wie bebildert man eine Sendung, die sich mit dem Älterwerde­n, eingeschrä­nkten Lebensradi­en und dem Verwelken auseinande­rsetzt? Mit Herbstbild­ern. Ein letztes, grandioses Schauspiel der Natur, eine sonnendurc­hflutete Abschiedsv­orstellung, ein löchriges Blatt fällt ins Wasser und wird behutsam davongetra­gen. Der Vorhang fällt.

Und was hat Hugo Portisch über den Grabstein gesagt, der einmal über ihm thronen wird. „Vergesst mich“soll da eingemeiße­lt stehen. Das war der schönste Satz in dieser wunderschö­nen Sendung.

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