Kurier

Und täglich pfeift das Murmeltier

- CAROLINE FERSTL

Ein schriller Pfiff stört die Ruhe der Natur. Nur kurz, dann ist es wieder still.

Die Blicke gehen gen Himmel. „Gefahr von oben“, heißt das. Zumindest etwas von der Wanderung mit dem Nationalpa­rk-Ranger ist hängen geblieben. Das Murmeltier hat recht: Über den Gipfeln kreist ein Steinadler.

Der Lasörling Höhenweg im Nationalpa­rk Hohe Tauern in Osttirol bietet nicht nur atemberaub­ende Aussichten, sondern ist auch Lebensraum der „Big Five“: Bartgeier, Steinadler, Steinbock, Murmeltier und Gams. Ziel der Wanderung ist der Zupalsee auf knapp unter 2.350 Höhenmeter. Für die Tiere ist er Trinkstätt­e und Abkühlung zugleich. Die Baumgrenze wurde bereits überschrit­ten, der Weg ist gesäumt von Gräsern, Preiselbee­r- und Heidelbeer­buschen. Nein, die heißen hier Schwarzbee­ren, hat der Ranger erklärt.

Plötzlich liegt er vor uns, der Zupalsee. Das Wasser ist so klar, dass sich die Hütte am See (2.350 Meter) und Berge darin spiegeln. Besonders erhitzte Wanderer nehmen hier ein erfrischen­des Bad – knapp zehn Grad hat der See. An diesem Herbsttag reicht es, den großen Zeh ins Wasser zu stecken, um den Kreislauf wieder in Schwung zu bringen.

Lieber genießt man den Ausblick: Hinter der Hütte erheben sich aus den Wolken die Venedigerg­ruppe und die Virger Nordkette. Man erkennt die Spitze des Großvenedi­gers, mit 3.657 Metern der fünfthöchs­te Berg Österreich­s.

Die anschließe­nde Portion Kaiserschm­arrn reicht für drei Personen, gestärkt geht es an den Abstieg. Plötzlich ist da wieder ein Pfiff. Und noch einer. Und noch einer. „Gefahr am Boden“, weiß jeder, der dem Ranger zugehört hat. Diesmal haben wir Wanderer die Ruhe gestört.

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