Hello, Mr. President: Joe Biden stößt Trump vom Thron
Nach tagelanger Auszählung entschied sich in Pennsylvania das Duell
The winner takes it all. Joseph R. Biden wird der 46. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Nach einem tagelangen Auszählungsthriller war am Samstag kurz vor Mittag (Ortszeit) klar: Der Demokrat ist nicht mehr einzuholen. Die Mehrheit der US-Bürger hat den amtierenden Präsidenten Donald Trump abgewählt.
Die Entscheidung fiel in Pennsylvania: Zuerst berichtete CNN, dann auch andere Stationen, dass Joe Biden die 20 Wahlmännerstimmen dort gewonnen hat. Damit kam der demokratische Herausforderer auf uneinholbare 273 und später mit Nevada auf 279 Wahlmännerstimmen. Die übrigen noch offenen Bundesstaaten wurden damit gleichsam irrelevant.
Er sei geehrt und demütig ob des Vertrauens des amerikanischen Volkes, schrieb Biden in einem ersten Statement. Später wollte er vor die nationale und internationale Presse treten, um zu versprechen: „Ich werde ein Präsident für alle Amerikaner sein.“
Der noch amtierende USPräsident Donald Trump will den Wahlsieg Bidens nicht anerkennen. „Die einfache Tatsache ist, dass diese Wahl noch lange nicht vorbei ist“, teilte Trump am Samstag mit. Die Nachricht seiner Wahlniederlage
erreichte Trump bei einem Besuch seines Golfclubs in Virgina – seinem ersten Ausflug aus dem Weißen Haus seit der Wahl.
Wie viele der 3.500 Gerichtsverfahren, die Trump zeitlebens mittelbar oder unmittelbar geführt hat, vorteilhaft für ihn ausgingen, ist nicht bekannt. Was die juristischen Nachhut-Gefechte angeht, mit der der Präsident die Niederlage noch abbiegen will, steht eine vorläufige Zahl bereits fest: gen Null.
Sämtliche Versuche der Trump-Kampagne scheiterten bisher, den Wahlausgang vor den zuständigen Gerichten der betroffenen Bundesstaaten als betrügerisch qualifizieren zu lassen.
Kleine Auswahl: In Michigan wollte Trump das Zählen der Stimmzettel unterbinden lassen, bis seine eigenen Wahl-Beobachter das Prozedere beaufsichtigen dürfen – Richter wiesen das als haltlos ab. Außerdem stand das Ergebnis schon fest: Sieg Biden.
In Wisconsin machte Trump Wahlbehinderungen durch Warteschlangen und defekte Wahlautomaten geltend und verlangte eine Neuauszählung – abgewiesen.
In Georgia führte Trump einen Wahlhelfer an, der beobachtet haben will, dass 53 Stimmzettel zu spät eingetroffen und gezählt worden seien – abgewiesen. Weil „Hörensagen“, so der Richter.
In Nevada kündigte Trumps Team eine Klage an, weil angeblich mehrere Tausend Menschen widerrechtlich gewählt hätten. Von Journalisten nach Beweisen gefragt, flüchtete Grenell in einen Bus. Später erklärten Wahlleiter des Bundesstaates, dass es legitim ist, in Nevada zu wählen, auch wenn man dort nicht wohnt.
In Detroit ließ Trump klagen, weil bei der Auszählung republikanischen Wahlbeobachtern der Zutritt verweigerte worden sei – in der richterlichen Anhörung stellte sich heraus, dass 100 Beobachter beider Parteien anwesend waren. Der Richter verdreht die Augen.
Renommierte Verfassungsrechtler machen im USFernsehen deutlich, dass Trump nur mit ungenauen Begriffen wie „Unregelmäßigkeiten“und „mangelnde Transparenz“garnierte Behauptungen in die Welt gesetzt hat, von der sich kein Gericht beeindrucken lassen werde.
Im Gegenteil. Je öfter Trump von einer „gestohlenen“Wahl spreche, desto weniger würden Richter das „ernst nehmen“, sagte der Trump-freundliche Rechtsprofessor Jonathan Turley.
Ben Ginsberg, viele Jahre als Anwalt für die Republikaner unterwegs gewesen, spricht von „Hail Mary“-Klagen; in Anlehnung an einen Spielzug im American Football, der in letzter Minute ein bereits so gut wie verloren gegangenen Spiel drehen soll.
Erst Freitag hatte der am Obersten Gerichtshof für Pennsylvania zuständige Richter Samuel Alito verfügt, dass Briefwahl-Stimmzettel, die dort bis 6. November, 20 Uhr, eingegangen sind und den Poststempel 3.11. tragen, separat gezählt und aufbewahrt werden müssen. Aber: Alito lehnte die Forderung des Trump-Lagers ab, diese Stimmen grundsätzlich für ungültig zu erklären. Wahlverantwortliche signalisierten, dass die Anweisung des höchsten Gerichts keine großen Konsequenzen haben werde.