Kursfeuerwerk an den Börsen
Hohe Gewinne. Ein möglicher Impfstoff sowie der Sieg von Joe Biden im Rennen ums US-Präsidentenamt trieben die Kurse von Aktien und Rohöl zu Wochenbeginn deutlich nach oben
Die Nachricht über einen Durchbruch auf der Suche nach einem Impfstoff gegen Covid-19 wirkte sich auch in der Sekunde positiv auf die weltweiten Finanzmärkte aus. Die Kurse zogen steil nach oben.
An der Wiener Börse, wo meist vergleichsweise eher verhalten auf gute Nachrichten reagiert wird, kletterte der Leitindex ATX 7,6 Prozent hinauf. Größter Gewinner im Wiener Prime Market war Do&Co, das um gleich 34,43 Prozent hochschoss. Das Cateringunternehmen leidet nicht nur unter den Lockdowns, sondern auch unter dem lahmgelegten Flugverkehr. Apropos: Der Flughafen-Wien-Titel stieg um 14,95 Prozent. Daneben verzeichneten die Bankaktien Raiffeisen (plus 13,49 Prozent) und Erste Group (plus 13,71 Prozent) sowie die Ölwerte OMV (plus 11,99 Prozent) und Schoeller-Bleckmann (plus 10,9 Prozent) Kurszuwächse im zweistelligen Prozentbereich.
Gewinnerbranchen
Ein ähnliches Bild zeichnete sich international: Der Frankfurter DAX legte um 4,9 Prozent, der Pariser CAC um 7,6 und der Londoner FTSE um 4,7 Prozent zu. Die US-Börsen waren ebenfalls deutlich in der Gewinnzone. Beim Dow Jones etwa waren es plus 2,95 Prozent.
Branchenseitig lagen die von der Krise stark belasteten Werte der Banken- und Ölbranche an der Spitze der Gewinner.
So legten etwa die Papiere der BNP Paribas (plus 18,02 Prozent) und der Banco Santander (plus 17,8 Prozent) jeweils zweistellig zu. Aufseiten der Ölwerte stiegen Eni und Total jeweils um mehr als 12 Prozent. Der Ölpreis selbst legte um fast acht Prozent zu. Aktien der Lufthansa verteuerten sich um ein Fünftel, die der BritishAirways-Mutter IAG um über ein Viertel – beide steuerten auf ihren bislang besten Handelstag
zu. Beim Pharmakonzern Pfizer, der den Impfstoff auf den Markt bringen will, lag das Plus bei 8,1 Prozent. Die an der US-Technologiebörse Nasdaq gelisteten Papiere des Pfizer-Partners BioNTech sprangen um 13,6 Prozent nach oben.
Die Aussicht auf Konzerte und andere Großveranstaltungen ließ die Papiere des Veranstalters und Ticketvermarkters CTS Eventim um ein Viertel nach oben schnellen.
In den USA erreichten die Papiere des Kinobetreibers AMC ein Kursplus von über 50 Prozent.
Warnung
„Es herrscht enormer Optimismus“, sagt Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Zugleich warnt er aber: „Gesundheitsexperten werden uns daran erinnern, dass noch ein weiter Weg mit vielen Herausforderungen vor uns liegt.“
Schon vor der Nachricht über einen Impfstoff waren die Börsianer in Kauflaune. Grund war die Nachricht, dass das Rennen ums Weiße Haus de facto entschieden ist. Die chinesischen Börsen schlossen auf dem höchsten Stand seit fünfeinhalb Jahren, der japanische Nikkei (plus 2,1 Prozent) sogar so hoch wie seit 30 Jahren nicht mehr. Grund war weniger die Freude über Bidens Sieg, sondern dass die Unsicherheit gewichen ist. Schließlich gelten die Demokraten als nicht so kapitalmarktfreundlich wie Republikaner. Allerdings wird Gewinner Joe Biden berechenbarer eingeschätzt als Donald Trump. Fraglich jedoch, ob die Euphorie in den USA anhält, sollten die Demokraten die Mehrheit im Senat erlangen. Dadurch könnten sie leichter ihre Pläne, wie etwa Steuererhöhungen für Unternehmen und Besserverdiener, durchsetzen.
Verlierer
Aber auch in dieser Situation gibt es Verlierer. Abwärts ging es für Aktien, die von CoronaEinschränkungen profitieren. Die Papiere des Lieferdienstes Delivery Hero gaben über 8 Prozent nach, die des Kochboxen-Anbieters Hellofresh 12,4 Prozent. „Was wir an den Börsen jetzt sehen, sind umfangreiche Umschichtungen raus aus Tech-Aktien und rein in Aktien der Old Economy“, sagt Jochen Stanzl, ChefMarktanalyst beim Brokerhaus AxiTrader.
Auf der Verliererseite waren auch sichere Häfen. Dazu zählen Staatsanleihen sowie Gold. Die Anleihenkurse fielen deutlich, Gold fiel um knapp fünf Prozent, nachdem es am Vormittag infolge eines schwächeren US-Dollar noch auf den höchsten Stand seit September geklettert war. Da Gold auf dem Weltmarkt in Dollar gehandelt wird, macht eine Kursschwäche der amerikanischen Währung das Edelmetall in Ländern außerhalb des Dollar-Raums günstiger. Dies stärkt die Nachfrage und stützt den Goldpreis.