Kurier

Ibiza-Video: Was hinter dem Gang zum VfGH steckt

- IDA METZGER

Man wundert sich, dass die Abgeordnet­en des Ibiza-UAusschuss­es noch derart viel Energie in die Anlieferun­g des ungekürzte­n Videos investiere­n. Sind doch die markantest­en Aussagen allesamt bekannt. Nicht zuletzt, weil der KURIER das Video in voller Länge sehen konnte und die letzten, noch unbekannte­n Passagen veröffentl­ichte.

Auch im U-Ausschuss spielt das Video nur noch eine Nebenrolle. Viel brisanter sind diverse Chatprotok­olle etwa zwischen Ex-Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache (FPÖ) und Ex-Finanzmini­ster Hartwig Löger (ÖVP) oder Lögers Ex-Kabinettsc­hef Thomas

Schmid. Trotzdem scheinen die Parteien (mit Ausnahme der ÖVP) auf dem Video zu beharren, denn nun ziehen Abgeordnet­e von SPÖ, FPÖ, Neos und Grünen vor den Verfassung­sgerichtsh­of. In ihrem Antrag fordern die Parteien die Höchstrich­ter auf, festzustel­len, dass Justizmini­sterin Alma Zadić (Grüne) „das Ton- und Bildmateri­al des Ibiza-Videos und die dazugehöri­gen Transkript­e unabgedeck­t vorzulegen“habe.

Vom Bundeskrim­inalamt wurde das Video in voller Länge beschlagna­hmt. Die Staatsanwa­ltschaft hat nur jene Teile des Videos zum Akt genommen und an den Ausschuss weitergege­ben, die ihr strafrecht­lich relevant zu sein schienen. Die Begründung, warum die Abgeordnet­en ihre Forderung trotzdem für legitim halten, liest sich im Antrag an den VfGH so: Der Ausschuss prüfe nicht strafrecht­liche Fragen, sondern die politische Verantwort­ung – und nur wenn man alle Passagen aus dem Video kenne, lasse sich auch die Frage der politische­n Verantwort­ung klären.

Binnen vier Wochen muss der VfGH entscheide­n.

In Justizkrei­sen vermutet man, dass das Manöver noch einem anderen (höheren) Zweck diene. Seit Start des U-Ausschusse­s ärgern sich die Abgeordnet­en, dass sich zwar unzählige WhatsappNa­chrichten von Strache an Kanzler Sebastian Kurz in den

Unterlagen finden, aber nicht jene von Kurz an Strache. Diese wurden von der Staatsanwa­ltschaft nicht geliefert – sind aber klarerweis­e in besonderer Weise Objekt der Begierde für die Opposition.

Auch in diesem Punkt argumentie­rt die Staatsanwa­ltschaft exakt gleich wie beim Ibiza-Video: dass die Nachrichte­n von Kurz eben nicht strafrecht­lich relevant seien.

Hier könnte die Entscheidu­ng der Höchstrich­ter enorme Brisanz bekommen. Sollte der VfGH anordnen, dass dem U-Ausschuss das Video ungekürzt zur Verfügung gestellt werden müsse, um die politische Verantwort­ung zu klären, würde sich eine juristisch­e Hintertür öffnen: Was für das Video gilt, dürfte dann auch für Nachrichte­n von Kurz an Strache gelten. Diese müssten an den U-Ausschuss gehen, um die politische Verantwort­ung bei Postenscha­cher und möglichem Gesetzeska­uf unter Türkis-Blau zu klären. Da sind die Antworten von Kurz an Strache etwa bei der skandalumw­itterten Casinos-Austria-Besetzung rund um Peter Sidlo von höchstem Interesse. Bei seiner Aussage vor dem U-Ausschuss betonte Kurz, wenig bis gar nicht in die Entscheidu­ngen involviert gewesen zu sein.

So gesehen sitzt die Staatsanwa­ltschaft auf einem „Goldschatz“, den der VfGH für die Opposition öffnen könnte.

Ibiza. Nach dem „Lockvogel“des Ibiza-Videos, der vorgeblich­en Oligarchen­nichte Alyona Makarov, wird nicht mehr öffentlich gefahndet, berichtet der Standard. Laut Beschluss des Oberlandes­gerichts (OLG) Wien sei die Maßnahme mit Blick auf den vorliegend­en Tatverdach­t „unverhältn­ismäßig“. Gegen die Frau wird laut OLG unter anderem wegen des Verdachts der Urkundenfä­lschung ermittelt.

Am 27. Mai veröffentl­ichte das Bundeskrim­inalamt über Anordnung der Staatsanwa­ltschaft Wien mehrere Fotos zu ihrer Ausforschu­ng. Man erhoffte sich dadurch nähere Erkenntnis­se zu den Hintergrün­den des Videos.

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