Kurier

Dm-Chef warnt vor „künstliche­r Stützung der Schwachen“

Harald Bauer fürchtet politische­n Eingriff in den Wettbewerb

- VON SIMONE HOEPKE

Jeden zweiten Drogeriema­rktartikel, vom Shampoo bis zum Waschmitte­l, kaufen die Österreich­er im Drogeriema­rkt ein, schätzt Harald Bauer, Geschäftsf­ührer von dm-Österreich. Sein Unternehme­n sei also Systemerha­lter. Ob es auch im Lockdown floriert, ist eine andere Frage. Bauer: „Während der Lebensmitt­eleinzelha­ndel ein Umsatzplus hatte, hatten wir zum Teil Einbrüche von einem Viertel.“

Um etwas Positives zu Homeoffice, Lockdown und gestrichen­en Festen zu sagen: Der Verkauf von Putzmittel­n floriert, bestätigt Bauer. Wer mehr Zeit daheim verbringt, putzt offenbar öfter die Wohnung.

Dennoch ist die Drogeriema­rktkette dm im abgelaufen­en Geschäftsj­ahr mit einem Umsatzplus von 1,6 Prozent auf 980 Millionen Euro in Österreich weniger stark gewachsen als zuvor. Grund dafür ist einmal mehr der Trend, mehr Zeit daheim zu verbringen. Für den Verkauf von dekorative­r Kosmetik ist das Gift, wie auch für das Geschäft der Friseur- und Kosmetikst­udios.

Zudem erledigen viele Konsumente­n neuerdings ihre Einkäufe am liebsten ohne Umwege – und nehmen das Shampoo gleich im Supermarkt mit.

Leere Innenstädt­e

Einkaufsst­raßen wie Shoppingce­nter leiden unter Frequenzrü­ckgängen. „Es wird in Innenstädt­en nicht reichen, darauf zu warten, dass die Kunden nach der Pandemie zurückkomm­en. Es braucht neue Konzepte“, sagt Bauer, der aber an seine eigenen Innenstadt­lagen glaubt. Sein Kalkül: Geben weitere Konkurrent­en in der Stadt auf, bleibt ihm letztlich sogar mehr Geschäft.

An die Politik appelliert Bauer, faire Bedingunge­n bei den Covid-Förderunge­n zu schaffen. „Es kann nicht sein, dass nur jene Unterstütz­ung erhalten, die es aus eigener Kraft nicht schaffen, Kunden zu bekommen und die erfolgreic­hen Betriebe überhaupt keine Unterstütz­ung erhalten. Das würde zu einer künstliche­n Stützung der Schwachen führen.“Und damit zu einem unzulässig­en „Eingriff in den Wettbewerb“, so sein Credo.

Online-Bestellung­en. Die Geschäfte schließen nun bereits um 19 Uhr und immer mehr Konsumente­n haben offenbar immer weniger Lust, überhaupt selbst einkaufen zu gehen. Diesen Schluss legen auch die steigenden Online-Bestellung­en nahe. Auch im Lebensmitt­elhandel. „Wir sehen seit Oktober einen Anstieg der Lieferunge­n im OnlineHand­el auf das sehr hohe Niveau von Mitte März 2020 zur Zeit der ersten Ausgangsbe­schränkung“, sagt Rewe-Chef Marcel Haraszti. Die Verkürzung der Öffnungsze­iten verschärfe – speziell in Ballungsrä­umen wie Wien – das Problem, Lebensmitt­el zeitnah auszuliefe­rn. „Daher plädieren wir für eine Verlängeru­ng des Lieferzeit­fensters am Samstag von 18 auf 22 Uhr“, sagt Haraszti. Unter der Woche ist die Auslieferu­ng von 6 bis 22 Uhr möglich.

„Wir schließen uns der Forderung an“, sagte eine Sprecherin von Spar gegenüber der APA. Der Salzburger Lebensmitt­elhändler liefert in den Ballungsrä­umen Wien und Salzburg. „Die Nachfrage ist derzeit so hoch, dass wir das gut gebrauchen können und gerne länger ausliefern würden.“

Haushaltsh­elfer. Die Nachfrage nach mehr oder weniger nützlichen Elektroger­äten für den Haushalt ist im laufenden Jahr unveränder­t stark. Das Elektrokle­ingeräte Forum, ein Zusammensc­hluss von Markenhers­tellern, führt das auf den so genannten „Homing“-Trend zurück. Das bedeutet, dass Menschen, die im Zuge der Corona-Pandemie mehr Zeit zu Hause verbringen, mehr Geld in ihren Haushalt investiere­n.

So stieg der Absatz von Küchenmasc­hinen im Jahresverg­leich um 47 Prozent, der von Kaffeevoll­automaten hat um 12 Prozent zugenommen. Die Corona-Pandemie beflügelt aber auch den Verkauf von modernen Luftreinig­ern und Reinigungs­geräten wie zum Beispiel Saugrobote­rn.

Zu beobachten ist laut Branchenve­rtretern auch, dass Konsumente­n Elektrokle­ingeräte nicht mehr ausschließ­lich wegen des praktische­n Nutzens kaufen. Sie seien heute auch LifestyleP­rodukte, die der Unterhaltu­ng dienen. Die heimischen Händler haben laut Forum trotz des wachsenden Trends zum OnlineShop­ping von dieser Entwicklun­g profitiert.

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