Pfusch: Höchster Wert seit 20 Jahren
Anstieg um fast acht Prozent auf rund 24,7 Milliarden Euro
Ob Elektroarbeiten, Autoreparaturen, Hausbau oder Nachhilfe: die Corona-Krise beflügelt den Pfusch in Österreich massiv. Laut einer Studie des Linzer Ökonomen Friedrich Schneider wird die Schattenwirtschaft heuer um 1,8 Milliarden Euro auf 24,69 Milliarden Euro steigen.
Ob Elektroarbeiten, Autoreparaturen, Hausbau oder Nachhilfe – die Corona-Krise beflügelt den Pfusch in Österreich massiv. Laut einer Studie des Linzer Ökonomen Friedrich Schneider wird die Schattenwirtschaft heuer um 1,8 Milliarden Euro auf 24,69 Milliarden Euro steigen. Das ist ein Zuwachs von 7,86 Prozent und damit der höchste Wert seit 20 Jahren. Unterm Strich macht die Schwarzarbeit nun 6,40 Prozent der gesamten Wertschöpfung in Österreich aus.
„Während des Lockdowns war der Pfusch minimal, aber als der Lockdown vorbei war, haben viele Arbeitslose, Kurzarbeiter und auch Selbstständige sogleich gepfuscht, um ein bisschen Geld dazuzuverdienen“, sagt Schneider zum KURIER. „Der Pfusch ist eine wesentliche Hilfe zur Bewältigung der Rezession infolge der Pandemie. Er dämpft konjunkturelle Dellen, ohne Pfusch würde es uns schlechter gehen.“Nachsatz: „Ohne Pfusch würde es jedes zweite Einfamilienhaus oder jede zweite Eigentumswohnung nicht geben.“
Fakt ist: Je höher die Arbeitslosigkeit und die Kurzarbeit ist, desto höher fällt auch die Schwarzarbeit aus.
„Zwei Drittel der Pfuscher haben einen Job in der offiziellen Wirtschaft und sind Nebenerwerbspfuscher“, sagt der Uni-Professor. Die meisten arbeiten „lediglich“in ihrer Freizeit schwarz.
Fakt ist auch: Schwarzarbeit schädigt vor allem den Staat und die Sozialversicherungen. Ihnen entgehen Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von bis zu 3,5 Milliarden Euro.
„Niemand pfuscht fürs Sparbuch, sondern um eine
Anschaffung oder eine Zahlung zu tätigen. Das schwarz verdiente Geld wird somit meistens in der offiziellen Wirtschaft wieder ausgegeben“, sagt Schneider. „Das führt zu zusätzlichen Umsatzsteuereinnahmen, aber diese kompensieren nicht die Verluste durch direkte Steuern.“Ein weiterer Verlierer sind die Krankenkassen.
Denn: Mehr Pfusch bedeutet auch mehr Arbeitsunfälle. „Diese werden aber als Freizeitunfälle deklariert“, weiß der Ökonom.
Hohe Akzeptanz
Der Pfusch hat eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung.
Fast zwei Drittel der Österreicher lassen Arbeiten im Pfusch erledigen, 29 Prozent pfuschen selbst. Das ergibt eine von Schneider beauftrage österreichweite Befragung von rund 1.000 Personen. 61 Prozent gaben an, dass man sich „ohne Pfuscher
heute vieles nicht mehr leisten kann“, und 41 Prozent meinen, „dass der Staat selbst schuld ist, dass es so viele Pfuscher gibt, weil die Steuern hierzulande einfach zu hoch sind“. Nur drei Prozent der Befragten würden Pfuscher bei den Behörden anzeigen. Dieser Wert ist seit 20 Jahren gleichgebleiben.
„Das ist verblüffend und es zeigt, ein bisschen Pfuschen gehört offenbar zum Leben“, sagt der Ökonom.
Um den Pfusch einzudämmen, schlägt er u. a. vor, den gedeckelten Handwerker-Bonus österreichweit fortzuführen. Diese Maßnahme würde die Schattenwirtschaft um 800 Millionen Euro verringern. „Für den Staat ist das ein Nettogewinn“, sagt Schneider. „Die dann eingehobenen Steuern auf der Handwerker-Rechnung sind höher als der Betrag, der vom Kunden steuerlich abgesetzt werden kann.“