Kurier

Wie lange muss ein Lockdown sein?

Vier Wochen könnten notwendig sein

- E. MAURITZ, S. MAUTHNER-WEBER

Ausblick. „Wenn man das Ziel hat, dass maximal zehn Prozent der Intensivbe­tten mit Covid-19-Patienten belegt sind, brauchen wir eine drastische Reduktion der Fallzahlen. Und das ist nicht in einer kürzeren Zeit als in vier Wochen zu erwar- ten – auch nicht bei so einem harten Lockdown wie im März.“Das sagt Komplexitä­tsforscher Peter Klimek vom Complexity Science Hub Wien (CSH). 14 Tage sind dann das Minimum, um einen nachhaltig­en Trend beobachten zu können. In den vergangene­n Tagen habe sich – „auf extrem hohem Niveau“– die Wachstumsr­ate zwar abgeschwäc­ht, „aber wir haben – über die Woche betrachtet – immer noch steigende Neuinziden­zen. Die bisherigen Effekte reichen nicht aus.“

„Überall nachschärf­en“

Illusorisc­h sei es zu glauben, die Infektions­zahlen genau so steuern zu können, dass es gerade nicht zu einer Überlastun­g der Intensivst­ationen kommt: Das sei ein Spiel mit dem Feuer. „Wir werden in allen Lebensbere­ichen nachschärf­en müssen“, sagt Klimek. Was die Schulen betreffe, finde man vielleicht kreativere Lösungen als sie zuzusperre­n, aber „dass man Prävention auch in den Schulen betreiben muss – sei es mit Masken oder gestaffelt­en Beginnzeit­en etwa – ist klar, denn sie tragen auch zum Infektions­geschehen bei.“

Auch die Epidemiolo­gin Eva Schernhamm­er von der MedUni Wien geht davon aus, dass man bei verschärft­en Maßnahmen nach zwei Wochen sehen wird, ob der Abwärtstre­nd ausreicht. Wenn jetzt nachgeschä­rft werde, sollte man überlegen, was den größten Effekt und den geringsten Kollateral­schaden erzielt: „Im Frühjahr etwa waren viel mehr Menschen im Homeoffice als derzeit.“Vor allem Volksschul­en würde sie versuchen offen zu lassen: „Nach ihren Öffnungen im Anschluss an den ersten Lockdown hat man im Frühjahr wenig Veränderun­gen bei den Infektions­zahlen gesehen.“Insgesamt sei es jetzt ein Balanceakt, die richtigen Maßnahmen zu finden. Für die Zukunft sollte man sich aber auch Alternativ­en zu einem Lockdown überlegen: „Vielleicht können es Antigen-Massentest­s wie in der Slowakei sein, um nur eine Sache zu nennen.“

Eine „optimale Lockdown-Länge“gibt es nicht, sagt Alexia FürnkranzP­rskawetz vom Institut für Demographi­e der Akademie der Wissenscha­ften: „Eine Gesellscha­ft, die eher auf Gesundheit fokussiert, wird auf einen längeren Lockdown setzen, die, die eher die Wirtschaft im Kopf hat, wird ihn kürzer halten.“

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Schernhamm­er: „Balanceakt beim Finden der Maßnahmen“

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