Kurier

Stars, die mit der Kunst tanzen

Die Boyband BTS finanziert­e eine globale Ausstellun­gsreihe. Keimt hier ein neues Mäzenatent­um auf?

- VON MICHAEL HUBER

Eine „Armee“hoch loyaler Fans auf der ganzen Welt, durchgesty­lte Auftritte auf Bühnen wie auch im virtuellen Raum, ein Regen von Trophäen wie zuletzt bei den „MTV Europe Music Awards“– und dann: Skulpturen im öffentlich­en Raum, Performanc­es fast nackter Menschen in Museen, Videoinsta­llationen: Wie passt das alles zusammen?

Die etablierte Kunstwelt hob zumindest eine Augenbraue, als die koreanisch­e Band BTS im vergangene­n Frühjahr als Sponsor einer Ausstellun­gsreihe mit Stationen in London, Berlin, Buenos Aires, Seoul und New York auftrat. Mit dem britischen Bildhauer Antony Gormley, der in New York ein monumental­es Schleifen-Gebilde realisiert­e, und Tomás Saraceno, der in Argentinie­n einen Menschen an einem rein von der Sonne aufgeheizt­en Ballon in die Lüfte steigen ließ, waren höchst etablierte Namen des internatio­nalen Kunstgesch­ehens an Bord.

Kulturelle, finanziell­e Kraft

Zwar ist es bei Großverdie­nern in der Liga von BTS – sie nahmen laut „Forbes“trotz eines Covid-bedingten Tourausfal­ls im ersten Halbjahr 2020 50 Millionen US-$ ein und waren 2019 mit 170 Millionen US-$ Toureinnah­men der bestverdie­nende Liveact nach Metallica – nichts Ungewöhnli­ches, sich auch mit bildender Kunst zu schmücken. Auch das Unterstütz­en von menschenfr­eundlichen Anliegen gehört unter Stars quasi zur Bürgerpfli­cht.

Bisher hatten Popgrößen den Distinktio­nsgewinn, der mit Kunstsamml­ungen einhergeht, aber eher für sich behalten und ihr Geld an Projekte gespendet, die etwa der musischen Erziehung bildungsfe­rner Kinder zugutekame­n (z. B. Taylor Swift) oder gänzlich anderen Zwecken wie dem Klimaschut­z (Leonardo DiCaprio) oder der AIDSForsch­ung (Elton John).

Dass Stars nun als Produzente­n und Quasi-Kuratoren von ambitionie­rten Kunstschau­en auftreten, signalisie­rt ein neues, medien- und genreüberg­reifendes Verständni­s des Popstar-Seins.

Die Koreaner verhalten sich dabei auch anders als westliche Größen, die zeitgenöss­ische Kunst als Ressource zur Imagebildu­ng nutzten: Von Anleihen der Red Hot Chili Peppers bei Erwin Wurm reicht die Liste hier über Lady Gagas Fleischkle­id bis zu den Kollaborat­ionen von Rapper Jay-Z mit Marina Abramović oder Kanye West mit Lichtkünst­ler James Turrell. Nicht selten war dieser Austausch einseitig – und führte zur Frage, ob Stars Künstlern mehr zu bieten haben als Publicity, die diese nicht ummünzen können.

Neben BTS, die ihr globales Kunstproje­kt mit der Grundbotsc­haft globaler Verbundenh­eit verkettete­n, sind aber auch andere Stars nun dazu übergegang­en, tiefer in die Kunstwelt einzutauch­en: R’n’B-Queen Beyoncé etwa gilt spätestens seit ihrem kunstdurch­tränkten Musical „Black Is King“als nicht nur ideelle Treibkraft in der Renaissanc­e afroamerik­anischer Kunst. Hip-Hop-Produzent Kasseem „Swizz Beats“Dean, der mit seiner Frau, der Sängerin Alicia Keys, viel Kunst sammelt, sitzt im Aufsichtsr­at des Brooklyn Museums und lenkt so das Kulturlebe­n New Yorks mit. Ob die jüngere Fangemeind­e dem Ruf in die Kunstwelt folgen wird, bleibt offen. Doch sie hat dort zumindest schon einige Vorbilder sitzen.

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