Stars, die mit der Kunst tanzen
Die Boyband BTS finanzierte eine globale Ausstellungsreihe. Keimt hier ein neues Mäzenatentum auf?
Eine „Armee“hoch loyaler Fans auf der ganzen Welt, durchgestylte Auftritte auf Bühnen wie auch im virtuellen Raum, ein Regen von Trophäen wie zuletzt bei den „MTV Europe Music Awards“– und dann: Skulpturen im öffentlichen Raum, Performances fast nackter Menschen in Museen, Videoinstallationen: Wie passt das alles zusammen?
Die etablierte Kunstwelt hob zumindest eine Augenbraue, als die koreanische Band BTS im vergangenen Frühjahr als Sponsor einer Ausstellungsreihe mit Stationen in London, Berlin, Buenos Aires, Seoul und New York auftrat. Mit dem britischen Bildhauer Antony Gormley, der in New York ein monumentales Schleifen-Gebilde realisierte, und Tomás Saraceno, der in Argentinien einen Menschen an einem rein von der Sonne aufgeheizten Ballon in die Lüfte steigen ließ, waren höchst etablierte Namen des internationalen Kunstgeschehens an Bord.
Kulturelle, finanzielle Kraft
Zwar ist es bei Großverdienern in der Liga von BTS – sie nahmen laut „Forbes“trotz eines Covid-bedingten Tourausfalls im ersten Halbjahr 2020 50 Millionen US-$ ein und waren 2019 mit 170 Millionen US-$ Toureinnahmen der bestverdienende Liveact nach Metallica – nichts Ungewöhnliches, sich auch mit bildender Kunst zu schmücken. Auch das Unterstützen von menschenfreundlichen Anliegen gehört unter Stars quasi zur Bürgerpflicht.
Bisher hatten Popgrößen den Distinktionsgewinn, der mit Kunstsammlungen einhergeht, aber eher für sich behalten und ihr Geld an Projekte gespendet, die etwa der musischen Erziehung bildungsferner Kinder zugutekamen (z. B. Taylor Swift) oder gänzlich anderen Zwecken wie dem Klimaschutz (Leonardo DiCaprio) oder der AIDSForschung (Elton John).
Dass Stars nun als Produzenten und Quasi-Kuratoren von ambitionierten Kunstschauen auftreten, signalisiert ein neues, medien- und genreübergreifendes Verständnis des Popstar-Seins.
Die Koreaner verhalten sich dabei auch anders als westliche Größen, die zeitgenössische Kunst als Ressource zur Imagebildung nutzten: Von Anleihen der Red Hot Chili Peppers bei Erwin Wurm reicht die Liste hier über Lady Gagas Fleischkleid bis zu den Kollaborationen von Rapper Jay-Z mit Marina Abramović oder Kanye West mit Lichtkünstler James Turrell. Nicht selten war dieser Austausch einseitig – und führte zur Frage, ob Stars Künstlern mehr zu bieten haben als Publicity, die diese nicht ummünzen können.
Neben BTS, die ihr globales Kunstprojekt mit der Grundbotschaft globaler Verbundenheit verketteten, sind aber auch andere Stars nun dazu übergegangen, tiefer in die Kunstwelt einzutauchen: R’n’B-Queen Beyoncé etwa gilt spätestens seit ihrem kunstdurchtränkten Musical „Black Is King“als nicht nur ideelle Treibkraft in der Renaissance afroamerikanischer Kunst. Hip-Hop-Produzent Kasseem „Swizz Beats“Dean, der mit seiner Frau, der Sängerin Alicia Keys, viel Kunst sammelt, sitzt im Aufsichtsrat des Brooklyn Museums und lenkt so das Kulturleben New Yorks mit. Ob die jüngere Fangemeinde dem Ruf in die Kunstwelt folgen wird, bleibt offen. Doch sie hat dort zumindest schon einige Vorbilder sitzen.