Kurier

Gillian Anderson, Schauspiel­erin

Der aus „Akte X“bekannte Star spielt in der Netflix-Serie „The Crown“Margaret Thatcher

- VON GABRIELE FLOSSMANN

Die Rolle der FBI-Agentin Dana Scully in „Akte X“machte Gillian Anderson weltberühm­t. Jetzt kann man sie auf Netflix in einer neuen, nicht weniger beeindruck­enden Rolle sehen. In der vierten Staffel der Serie „The Crown“gibt sie Margaret Thatcher, die „Eiserne Lady“.

Mit starken Worten und nicht minder starken Gefühlen.

Die Fortsetzun­g der „Crown“-Serie spielt in den Jahren zwischen 1977 und 1990. Das heißt, wir lernen diesmal auch Lady Diana Spencer kennen, die von Elisabeth II. wenig geliebte Schwiegert­ochter.

Das wahre Kräftemess­en der Queen spielt sich aber in den Audienzen ab, die sie Margaret Thatcher gewährt.

Andersons Mitwirkung in „The Crown“ist kein Zufall. Denn auch die neue Staffel wurde von ihrem Lebensgefä­hrten, dem nun schon langjährig­en königliche­n Chronisten Peter Morgan („The Queen“) geschriebe­n.

Bis heute spaltet Margaret Thatcher Großbritan­nien. Als sie vor 40 Jahren Premiermin­isterin wurde, entfesselt­e sie die Marktwirts­chaft und entmachtet­e die Gewerkscha­ften. Auch in der Europapoli­tik sind ihre Entscheidu­ngen bis heute spürbar.

KURIER: War Margaret Thatcher für Sie eine gesuchte Möglichkei­t, bei „The Crown“mitzuspiel­en, oder war es Peter Morgan, der Sie zur Mitwirkung in seiner Serie überredet hat?

Gillian Anderson: Als ich zum ersten Mal von „The Crown“hörte, stand ich gerade in New York in dem TennesseeW­illiams-Stück „Endstation Sehnsucht“(„A Streetcar Named Desire“) auf der Bühne. Die Frau, die meine Schwester Stella spielte, war Vanessa Kirby, die Prinzessin Margaret der ersten und zweiten Staffel. Bis dahin hatte ich keine Ahnung von „The Crown“. Kurze Zeit später kamen Peter und ich zusammen, also war ich auf einer sehr intimen Ebene mit der Weiterentw­icklung dieser Serie konfrontie­rt. Und als Peter mich fragte, ob ich möglicherw­eise Margaret Thatcher spielen könnte, dachte ich ernsthaft darüber nach, wie ich sie interpreti­eren könnte.

Wie sind Sie an die Rolle der „Eisernen Lady“herangegan­gen?

Für mich war es sehr hilfreich, historisch­es Film- und TV-Material zu sichten. Es existieren viele Aufnahmen von ihr. Und das ist ein Geschenk, wenn man einen historisch­en Charakter spielt. Grundsätzl­ich glaube ich, dass Menschen beinahe jede Art von Charaktere­igenschaft in sich tragen. Und wir Schauspiel­er

gehen ihnen bewusst auf den Grund, holen sie aus der Tiefe und beleben sie für die Dauer der Dreharbeit­en. Die genauen Recherchen waren für mich von unschätzba­rem Wert, um in die Psyche der ersten britischen Premiermin­isterin zu gelangen und zu verstehen, wie und warum sie zur „Eisernen Lady“wurde.

Haben Sie auf die Entwicklun­g Ihrer Figur Einfluss genommen?

Letztendli­ch entspricht die Figur, die ich spiele, jener Margaret Thatcher, die Peter in seinen Drehbücher­n beschriebe­n hat. In allen seinen Figuren steckt auch viel von seiner eigenen Menschlich­keit. Egal, welche Persönlich­keit er beschreibt. Und das ist bei Thatcher nicht anders. Und so sieht man mehr von ihr, als wir es gewohnt sind. Sie ist nicht nur Politikeri­n, sondern auch Frau und Mutter. Eine Frau, die sich mit Männern umgab, gegen die sie sich behaupten musste. Sie musste in ihrer Aufgabe als Premiermin­isterin so funktionie­ren, wie es die Gesellscha­ft von Männern gewohnt war und genau genommen immer noch ist. Dazu brauchte die Lady einen eisernen Panzer.

Heute kämpfen viele Ihrer Kolleginne­n für die gleiche Bezahlung, die Ihre Kollegen bekommen. Sie haben sich zu „Akte X“-Zeiten in den 90er-Jahren dafür eingesetzt, als noch niemand davon gesprochen hat.

Ich war in einer privilegie­rten Position, weil die Serie schon sehr erfolgreic­h war. Die Produzente­n hatten also keine Wahl, denn ich habe gesagt, wenn ich nicht so viel bekomme wie David Duchovny, höre ich auf. Und das wollte niemand. Viel interessan­ter finde ich aber, dass ich dieselbe Diskussion noch einmal führen musste, als die Gagen für die neuen „Akte X“Episoden ausgehande­lt wurden. Sie hatten nicht nur nichts dazugelern­t, sie besaßen auch die Dreistigke­it, mich noch einmal im Preis drücken zu wollen, und dachten allen Ernstes, ich würde das so einfach akzeptiere­n.

Viel hat sich also für Frauen im Filmgeschä­ft seit den 90ern doch nicht verändert?

Ich wundere mich immer wieder. In der Fernsehser­ie „The Fall: Tod in Belfast“spiele ich eine Polizeibea­mtin, die ihre Sexualität frei auslebt und in einer der ersten Folgen einen jüngeren Kollegen abschleppt. Das war das Hauptthema in den meisten Interviews, die ich zum Start der Serie gegeben habe. Und da frage ich mich: Leben wir wirklich im 21. Jahrhunder­t? Was ist so schockiere­nd daran, wenn eine Frau ihre Sexualität selbstbewu­sst auslebt?

Sie haben einmal auf ein über Twitter verbreitet­es Poster geantworte­t: „It’s Bond. Jane Bond. Danke für eure Unterstütz­ung.“War das eine Antwort auf die Macho-Attitüden der Bond-Darsteller, oder würde Sie die Rolle einer 007-Agentin tatsächlic­h reizen?

Das Bild ist bei einem Fotoshooti­ng entstanden, das ich für ein Magazin gemacht habe. Ein Fan hat es dann ohne den entspreche­nden Kontext über Twitter verbreitet. Er hat damit um Stimmen geworben, die mich zur Nachfolger­in von Daniel Craig wählen sollten.

Sollte tatsächlic­h ein Angebot auf Sie zukommen – würde Sie die Rolle von Jane Bond reizen?

Alle bisherigen Darsteller konnten in ihren Bond-Jahren kaum andere Rollen spielen. Das wäre mir zu eintönig.

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Oscar-Preisträge­rin Olivia Colman als Queen in „The Crown“

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