Kurier

„Ein positives Minenfeld“

Alfred Dorfer gibt mit Mozarts „Le nozze di Figaro“sein Debüt als Opernregis­seur

- VON PETER JAROLIN

„Ich habe mir sehr vieles vorgestell­t, aber das nicht.“Am

12. November hätte im Theater an der Wien eigentlich die Premiere von Wolfgang Amadeus Mozarts „Le nozze di Figaro“stattfinde­n sollen. Mit einer starken Besetzung und mit einem prominente­n Debütanten. Denn der Schauspiel­er, Kabarettis­t und Satiriker Alfred Dorfer hätte mit diesem Werk sein Debüt als Opernregis­seur geben sollen.

Und Dorfer gibt sein Debüt auch, aber in etwas anderer Form. Statt vor Live-Publikum findet diese „Nozze“– wie bereits im März dieses Jahres Beethovens „Fidelio“– (vorerst) nur als Fernsehpre­miere statt. ORF III zeigt am

29. November im Rahmen von „Erlebnis Bühne“Mozarts Meisterwer­k live-zeitverset­zt ab 20:15 Uhr aus dem Theater an der Wien. Auch die Klassikpla­ttform fidelio (myfidelio.at, Anm.) ist ab 20:15 Uhr dabei.

Volle Breitseite

„Diese zweite Welle, der zweite Lockdown hat uns mit voller Breitseite erwischt“, sagt Dorfer im KURIER-Interview. Und: „Ich hoffe aber immer noch, dass wir die Produktion irgendwann vor Publikum spielen dürfen.“Denn, so Dorfer: „Ich bin ja selbst Abonnent im Theater an der Wien und weiß, wie wichtig es ist, ein volles Haus zu haben. Das hätten sich auch die Künstlerin­nen und Künstler mehr als verdient.“

Filmische Geste

Auf der Zielgerade­n zur Fernsehpre­miere geht es jedoch vorerst um andere Dinge. „Wir müssen die filmische Geste mehr mitbedenke­n, das bedeutet viel Arbeit mit der Lichtregie und auch mit den Räumen. Denn Close-ups bei Opernübert­ragungen sind bekanntlic­h nicht immer so vorteilhaf­t“, lacht Dorfer. Doch wie laufen eigentlich die Proben ab? „Wir proben oft mit Masken, werden regelmäßig getestet und versuchen, das umzusetzen, was wir uns vorgenomme­n haben.“Und: „Nein, komisch wird dieser Figaro nicht, bestenfall­s lustig. Wir pfropfen dem Stück keine zusätzlich­e Komik auf, das haben Mozart und Da Ponte nicht nötig.“

Dorfer weiter: „Wir haben das Werk nur in ein Landschlös­schen der heutigen Zeit verlegt. Der Adel ist der Geldadel, und eine aufgelasse­ne Straßenbah­nremise dient uns als eine Art Garten. Und wir haben Wände, die gut fahrbar sind, die stets neue Räume ermögliche­n“, sagt der leidenscha­ftliche Neo-Regisseur.

Jugenderin­nerungen

Aber hat Dorfer nie gezögert, als das Angebot für diese Regie von Intendant Roland Geyer kam? „Ein bissl zögern tut man doch immer. Aber dann habe ich mir gesagt: Gut, ich bin zu Hause mit dieser Oper schon als Kind aufgewachs­en – wir haben ,Le nozze di Figaro’

permanent gehört. Natürlich in deutscher Sprache. Die Komplexitä­t und Vielschich­tigkeit von Musik und Sprache hat mich immer schon fasziniert. Da braucht es szenisch nicht die Handschrif­t eines Satirikers. Oper ist die Königsdisz­iplin und ich nähere mich Mozart und Da Ponte mit großem Respekt.“

Dorfer, der sich mit dem Figaro seit mehr als einem Jahr intensiv beschäftig­t: „Ich bin grundsätzl­ich kein großer Freund von den übergestül­pten Regie-Konzepten. Gerade bei Mozart sollte man sich von der Musik tragen lassen.“Lachend: „Das ist eine Aufgabe, die ich liebend gerne in die Hände von Dirigent Stefan

Gottfried, den Concentus Musicus und den Sängerinne­n und Sängern lege. Denn Mozart ist für jeden Regisseur ein positives Minenfeld. Da sind ja zahlreiche potenziell­e Stolperste­ine drinnen.“

„und ...“

Ein Minenfeld, das in Zeiten der Corona-Pandemie sicher nicht harmloser geworden ist. „Jetzt spielen wir vor einem leeren Saal, das Publikum ist ausgesperr­t. Aber was passiert in der Kultur danach? Wenn die Theater wieder öffnen können? Trauen sich die Menschen, wieder ins Theater zu gehen? Das wäre für alle lebenswich­tig“, so Dorfer, der mit seinem aktuellen Programm „und...“wieder auf Tournee gehen möchte.

Die Zeit des Lockdown nützt der Künstler neben dem letzten Feinschlif­f an „Le nozze di Figaro“auch dazu, sich darauf zu freuen, endlich selbst wieder auf der Bühne stehen zu können. Vielleicht bald mit einem neuen Programm. Und die große Oper? Hat Dorfer als Regisseur Blut geleckt? „Da gibt es einige Stücke, die mich lange begleiten, über die ich nachdenke.“

Zukunftspl­äne

Zum Beispiel? „Die deutsche Romantik. Etwa Engelbert Humperdinc­ks ,Hänsel und Gretel’, Carl Maria von Webers ,Der Freischütz’ und die Opern von Giuseppe Verdi. ,Traviata’ ,Troubadour’ oder Rigoletto’ zählen auch zu meinen Favoriten.“

Vorerst aber dreht sich alles um „Nozze di Figaro“: „Ob ich nervös bin? Ja, natürlich, ich bin aufgeregt. Ich hoffe, dass technisch, szenisch und musikalisc­h alles klappt. Aber wenn ich als Regisseur und als Darsteller eines wirklich gelernt habe, dann das: Man muss immer alles mitbefürch­ten! Aber wenn es klappt, ist es umso schöner.“

 ??  ?? Mozarts „Le nozze di Figaro“in der Regie von Alfred Dorfer ist am Sonntag, 29. November, als Fernsehpre­miere zu erleben
Mozarts „Le nozze di Figaro“in der Regie von Alfred Dorfer ist am Sonntag, 29. November, als Fernsehpre­miere zu erleben
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Maskenpfli­cht bei Proben: Alfred Dorfer und sein Team

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