Von der Noblesse zur Tristesse
Opernringhof. Es sollte einst Wiens „nobelstes Zinshaus“sein, jetzt stehen dort die Lokale leer
Wien. Im Opernringhof, gegenüber der Staatsoper, ist es ruhig und trist. Die Auslagen sind leer, viele Lokale sperrten zu.
Schöner Anblick ist es keiner, wenn man durch die Passage des Opernringhauses schlendert. Trist trifft es eher.
Ein leeres Lokal neben dem anderen. Rote Kreise mit der Aufschrift „Geschäftsfläche zu mieten“an den leeren Auslagen. Und auf der Gegensprechanlage des Büroeinganges finden sich nur weiße Zeilen, keine Buchstaben oder Hinweise, was sich dort befinden könnte. Lediglich die portugiesische, die niederländische und die maltesische Botschaft macht sich dort bemerkbar.
Beste Adresse
„Früher war das die beste Adresse“, sagt Wolfgang Strobl, Inhaber des Fledermaus-Cabarets. Er machte im Opernringhaus 1981 einen der ersten Schallplattenläden Wiens auf. „Hier lebte der weltberühmte Taucher Hans Hass, Schauspielerin Lilly Palmer, alle internationalen Fluglinien waren hier. Das Verkehrsbüro war da, wo jetzt noch Maredo steht“, sagt er. Die deutsche Steak-Kette meldete dieses Jahr Konkurs an. Die einzige Filiale in Wien, die sich in der Mitte der Passage befindet, sperrt nicht mehr auf. Auch Gabriel Bochorov, der seit Jahrzehnten mit seinen SightseeingBussen „Red Bus“im Opernringhaus präsent war, hat den kleinen Laden geräumt.
Red Bus Tours klebt noch am Glas, Broschüren liegen am Boden. „Die Position war nicht schlecht, aber die Miete zu hoch“, sagt der Unternehmer.
Blick in die Vergangenheit: Niemand geringerer als der dänische Star-Architekt der Wiener Ringstraßenbauten
(Musikverein, Parlament, Börse) – Theophil Hansen – gestaltete jenes Haus, das dort einst stand: den Heinrichhof. Auftraggeber des nobelsten Zinshauses auf der Ringstraße war damals der Ziegelhersteller Heinrich Drasche-Wartinberg (1811– 1880), dessen Firma Wienerberger heute noch existiert. Große Teile des Prachtbaus wurden jedoch bei alliierten Bombenangriffen im März 1945 zerstört, 1950 wurde der Heinrichhof komplett abgerissen. Der Opernring-Hof wurde dann 1957 nach dem Entwurf von Carl Appel und Georg Lippert gebaut.
Vor zwei Jahren hat Ekrem Tütüncü (36) das Kaffeehaus „L’Opera“am linken Eck des Hauses neu übernommen. Er führt die KentRestaurants in Wien, bekannt für die levantinischtürkische Küche. „Wir mussten einiges ändern an der Karte, damit das Lokal an dieser Position funktioniert“, sagt er. „Natürlich fehlen jetzt die Touristen, die 70 Prozent unserer Kunden ausmachen.“
Kein schöner Ort
Neue Nachbarn könnten neue Kunden anziehen. Leere Lokale bewirken eher das Gegenteil. Das Porzellangeschäft nebenan habe dieser Leere beispielsweise nicht überlebt. Gut laufe es dafür bei seinem italienischen Nachbarn, der am andern Ende der Passage Spezialitäten und Italo-Snacks verkaufe. „Nicht alles steht leer, es gibt Interessenten auch für das fast 1.000 Quadratmeter große Lokal von Maredo“, sagt der zuständige Immobilien-Makler. Insgesamt stünden rund 14 Immobilien im Haus frei. Das sei in dieser schwierigen Zeit nicht ungewöhnlich. Ein Teil des Hauses gehört privaten Eigentümer. Ein anderer gehört der Privatstiftung der Salzburger Holzindustriellen-Familie Kaindl. Für den Immobilienexperten von Remax, Stefan Krejci, ist hingegen klar: „Das dort war nie der schönste Ort der Innenstadt. Vielleicht muss es grüner, heller werden“, sagt er. Und vielleicht, sagt Krejci, könnte ein Unterstützungsprogramm helfen, junge Unternehmer für die Flächen zu begeistern.