Kurier

Impfpflich­t durch die Hintertür? Einschränk­ungen sind möglich

Jobs mit vielen Kontakten und Freizeitan­gebote künftig vielleicht nur noch für Geimpfte

- VON RICHARD GRASL richard.grasl@kurier.at / Twitter: @richardgra­sl

Gut, dass auch wir jetzt einen Plan haben. Der Ministerra­t hat beschlosse­n, wie die Corona-Impfungen ausgerollt werden. Und damit gewinnt wohl eine der schwierigs­ten Fragen an Brisanz, die eine Gesellscha­ft nur haben kann.

Denn ein großer Teil der Bürger (in Umfragen bis zu 40 Prozent) will sich nicht sofort impfen lassen. Diese Meinung ist zu respektier­en. Es gibt grundsätzl­ich Impfgegner, viele haben Angst, dass der schnell entwickelt­e und zugelassen­e Stoff gefährlich ist. Tatsächlic­h ist die RNA-Impfung, die nun als eine der aussichtsr­eichsten gilt, noch nie angewendet worden. Die meisten Experten halten sie für unbedenkli­ch.

Ziemlich klar ist, dass die Regierung keine harte Impfpflich­t einführt. Diese weitreiche­ndste Maßnahme wäre zwar „ethisch vertretbar“, aber dafür fehlt (zu Recht) der politische Mut. Eine andere Variante wäre, Sozialleis­tungen an die Impfung zu knüpfen. Beim Mutter-Kind-Pass ist es ja schon so, allerdings sind für Impfungen auch hier nur Empfehlung­en vorgesehen und keine Verpflicht­ung. Auch keine gute Idee.

Was nun aber kommen könnte, ist eine Impfpflich­t durch die Hintertür. Dass wir nur mehr mit gültigem Impfpass ein Flugzeug besteigen, Massen-Events besuchen oder in Diskotheke­n tanzen dürfen. Dass man Berufe mit vielen Kontaktper­sonen (Lehrer, Krankenpfl­eger, Kaufhausmi­tarbeiter) nur noch dann ausüben darf, wenn man geschützt ist. Dass die Menschen eingeteilt werden in Geimpfte und Verweigere­r.

Fehlt nur noch ein außen sichtbares Zeichen. Nein, da geht mir das G’impfte auf.

Die Freiheit ist unser höchstes Gut. Dazu gehört neben der Bewegungsf­reiheit auch die Erwerbstät­igkeit und die Freiheit unserer Gedanken und Meinungen. Es braucht eine Balance zwischen diesen Rechten aber auch jenem auf die bestmöglic­he Gesundheit auf der anderen Seite der Waage.

Und was nun? Zunächst muss geklärt werden, ob der Corona-Impfstoff nur einen selbst schützt oder auch die Weitergabe an andere Menschen hemmt (das Ende der Supersprea­der) oder gar unterbinde­t. Wenn er nur dem Selbstschu­tz dient, sollte man die Antwort auf die Impffrage jedem selbst überlassen. Wenn die Impfung auch verhindert, dass man andere Menschen infiziert, wird man wohl unterschei­den müssen. Wer vulnerable Gruppen in der Ausübung seines Berufs trifft, könnte tatsächlic­h verpflicht­et werden. Wer nur fitte, junge, schlanke Nicht-Diabetiker als Gegenüber hat, wird selbst keine Verpflicht­ung spüren oder auch keine per Gesetz verordnet bekommen. Aber wo ist das schon so? Und in der Freizeit? Als 40-Jähriger nicht mehr ins Theater neben dem älteren Publikum, nicht mehr auf den Fußballpla­tz neben dem Opa mit seinem Enkerl? Nicht mehr ins Flugzeug nach Mallorca? Sie sehen, die Debatte hat einen Anfang aber noch kein Ende. Sie muss aber dringend geführt werden.

Wir haben das Recht auf alle Freiheiten. Wir haben aber auch das Recht auf Gesundheit. Wir müssen über die Balance diskutiere­n

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