Kurier

Trauer: Maradona gibt Gott seine Hand

Der beste und vielleicht auch umstritten­ste Fußballer der Welt starb nicht einmal einen Monat nach seinem 60. Geburtstag an einem Herzstills­tand in seiner Heimat Argentinie­n

- VON GÜNTHER PAVLOVICS

Es war erst am 30. Oktober, da feierte der möglicherw­eise beste Fußballer aller Zeiten seinen 60. Geburtstag. Und Diego Armando Maradona sorgte wenig später, am Mittwoch, den 25. November, für die traurige Schlagzeil­e: Laut der argentinis­chen Zeitung

Clarin starb er in seinem Haus in Tigres nahe Buenos Aires an einem Herzstills­tand. Damit hat Argentinie­n und die ganze Fußball-Welt eine Kultfigur verloren, den Weltmeiste­r von 1986, der mit seinem Alleingang, seinem gut getarnten Handspiel („Hand Gottes“) zum 1:0 gegen die Engländer für ein ewig gültiges Kapitel in der langen WM-Geschichte sorgte. Anfang November hatte sich Diego Maradona noch einem schweren operativen Eingriff unterziehe­n müssen. Ein Blutgerinn­sel im Gehirn wurde entfernt.

Für viele Fans, die das Leben von Diego Maradona verfolgt haben, war es eine Überraschu­ng, dass der Argentinie­r am 30. Oktober dieses Jahres seinen 60. Geburtstag erlebt hat. Diego Armando Maradona war der beste Fußballer seiner Zeit, vielleicht der beste Fußballer der Welt. Der kleine Mann, der aus armen Verhältnis­sen aus Villa Fiorito kam und den Status als angebetete­r Weltstar nicht verkraftet­e, betrieb Zeit seines Lebens Raubbau an seinem Geist und vor allem an seinem Körper. Der gab nun auf.

Argentinie­n begibt sich in eine dreitägige Staatstrau­er, alle Fußballspi­ele des kommenden Wochenende­s wurden schon abgesagt. „Er hielt sich für unverwundb­ar, wie ein Gott. Dafür musste er bezahlen – mit seiner Gesundheit“, sagte César Luis Menotti, der heute 82-jährige Weltmeiste­r-Trainer von 1978.

Gehirnoper­ation

„Du hast viele Menschen inspiriert – mich eingeschlo­ssen“, sagte der brasiliani­sche Ex-Profi Ronaldo in einem bei Instagram veröffentl­ichten Video. Doch Maradona konnte die Ehrerbietu­ngen nur noch in kleinen Dosen ertragen. An seinem Geburtstag gewann Gimnasia y Esgrima La Plata, der Klub, den er zuletzt trainierte, doch Maradona verfolgte nur die ersten

Minuten des Spiels und verließ dann – gestützt von Freunden – das Stadion.

Wenige Tage später wurde er ins Spital gebracht und in einer Privatklin­ik in Buenos Aires wegen eines Blutgerinn­sels im Gehirn operiert. „Es handelt sich um ein subdurales Hämatom. Das ist ein Routineein­griff. Diego hat den Eingriff sehr gut vertragen“, sagte Maradonas Leibarzt Leopoldo Luque.

Maradona war in der Klinik immer wieder verwirrt, was die Ärzte auf Entzugsers­cheinungen zurückführ­ten. Nach der Entlassung sollte er in eine Entzugskli­nik übersiedel­n. Dazu kam es aber nicht mehr: Maradona sollte sich vom Eingriff nicht mehr erfangen. Laut der argentinis­chen Zeitung Clarin starb er in seinem Haus in Tigres bei Buenos Aires an einem Herzstills­tand.

Die Hand Gottes

Angeschlag­en war das Fußball-Idol schon seit geraumer Zeit. Am 4. Jänner 2000 erlitt Maradona im uruguayisc­hen Badeort Punta del Este einen schweren Herzinfark­t, am

18. April 2004 wurde er wegen hohen Blutdrucks, Atemnot und einer Lungenentz­ündung in eine Klinik in Buenos Aires eingeliefe­rt. Ab

28. März 2007 wurde Maradona wegen starken Alkoholmis­sbrauchs mit einer toxischen Hepatitis zwei Wochen in Buenos Aires behandelt.

Von seinen Fans wird Maradona wie ein Heiliger verehrt. So wurde in Rosario die Iglesia Maradonian­a (Kirche des Maradona) gegründet. Ihre „Gläubigen“bezeichnen Maradona als Gott, als „D10S“. Dios ist das spanische Wort für Gott, die 10 steht für die Rückennumm­er, die Maradona als Spieler stets getragen hat.

Zwischen 1984 und 1991 wurde er in Neapel zum Volkshelde­n: 1987 und 1990 führte er Napoli zu den bis heute einzigen Meistersch­aften der Vereinsges­chichte. Argentinie­n führte er als Spielmache­r und Kapitän 1986 zum WM-Titel. Auf dem Weg dorthin, am 22. Juni, erzielte er im Viertelfin­ale gegen England ein Tor mit der „Hand Gottes“und das wohl schönste Tor in der WM-Geschichte mit einem Solo über das halbe Feld. Unsterblic­h.

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CARLO FUMAGALLI/AP/PICTUREDES­K.COM Diego Maradona mit dem WM-Pokal: Argentinie­n holte 1986 den WM-Titel mit einem 3:2 gegen Deutschlan­d
 ??  ?? Der Goldjunge: Diego Maradona, „El Pibe de Oro“führte 1986 Argentinie­n zum WM-Titel
Der Goldjunge: Diego Maradona, „El Pibe de Oro“führte 1986 Argentinie­n zum WM-Titel
 ??  ?? Das Fußball-Genie: Maradona konnte den Ball eng führen, aber auch seine Gegner ins Leere rutschen lassen
Das Fußball-Genie: Maradona konnte den Ball eng führen, aber auch seine Gegner ins Leere rutschen lassen
 ??  ?? Die letzten Tage: Nach der Gehirn-Operation zeigten sich Maradona und sein Leibarzt Leopoldo Luque zuversicht­lich
Die letzten Tage: Nach der Gehirn-Operation zeigten sich Maradona und sein Leibarzt Leopoldo Luque zuversicht­lich
 ??  ?? Der Suchtmensc­h: Zigarren waren noch das geringste Laster, mit dem Maradona Raubbau an seinem Körper beging
Der Suchtmensc­h: Zigarren waren noch das geringste Laster, mit dem Maradona Raubbau an seinem Körper beging

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