Kurier

Rot, Pink, Grün gegen Abtreibung­sstatistik

ÖVP will Gründe wissen, um zu helfen

- E. HOFER, R. LINDORFER

Wie viele Gründe gibt es für einen Schwangers­chaftsabbr­uch? „Unzählige verschiede­ne“, sagt Martina Kronthaler von der „Aktion Leben“, die sich mit der Petition „Fakten helfen“für eine bundesweit­e anonymisie­rte Statistik über Schwangers­chaftsabbr­üche und die Gründe dafür einsetzt.

„Genau zwei“, behauptet hingegen Henrike Brandstött­er, Frauenspre­cherin der Neos: „Entweder es gibt medizinisc­he Gründe, oder die Frau will das Kind nicht.“Mehr müsse der Staat nicht wissen, insofern sei auch eine Abtreibung­sstatistik unnötig.

Die beiden Positionen zeigen: Wie immer, wenn es um das Thema Schwangers­chaftsabbr­uch geht, gehen die Meinungen weit auseinande­r. Während die ÖVP die Petition zur Etablierun­g einer Abtreibung­sstatistik unterstütz­t (der KURIER berichtete), stemmen sich SPÖ, Neos, aber auch der grüne Koalitions­partner im Bund dagegen.

Hilfe oder Kontrolle?

Laut Frauenmini­sterin Susanne Raab und Familienmi­nisterin Christine Aschbacher (beide ÖVP) könne auf Basis der von den Ärzten anonym erhobenen und weitergele­iteten Daten den Frauen besser geholfen und es könnten geeignete Prävention­skonzepte erarbeitet werden. Ein Beispiel gibt die ÖVP-Abgeordnet­e Ingrid Korosec: „Wenn sich zeigt, dass vor allem sehr junge Frauen abtreiben, weil ihnen das Geld fehlt, dann muss man sich politisch überlegen, ob junge Menschen nicht generell mehr verdienen sollten.“

Gabriele Heinisch-Hosek, Frauenspre­cherin der SPÖ, entgegnet dem, man müsse Frauen nicht nach ihren Motiven fragen, um zu helfen.

Außerdem seien Hilfe und Beratung während der Schwangers­chaft nur eine „halbe Geschichte“. Nach der Geburt wären Frauen oft auf sich alleine gestellt. Und: „Solange es nicht in allen öffentlich­en Krankenhäu­sern die Möglichkei­t zum Schwangers­chaftsabbr­uch gibt, braucht man nicht nach einer Statistik schreien. Andernfall­s hätte man sie nämlich längst“, sagt Heinisch-Hosek. Vor allem in West-Österreich gebe es diesbezügl­ich große Lücken. Allerdings: Auch im SPÖ-geführten Burgenland führt kein einziges Spital Abtreibung­en durch.

Für Grüne kein Thema

Dass die ÖVP-Ministerin­nen die Anliegen der Bürgerinit­iative befürworte­n, empört die Grünen – überrascht sie aber nicht. Die Abtreibung­sstatistik findet sich nicht im Koalitions­pakt, war aber bei den Koalitions­verhandlun­gen Thema. „Das war eine sehr, sehr kurze Episode. Wir Grüne haben gleich klargemach­t, dass für uns die reprodukti­ve Selbstbest­immung in keiner Weise verhandelb­ar ist“, sagt Meri Disoski, grüne Sprecherin für Frauen und Gleichbere­chtigung. Es gebe bereits Studien zu Schwangers­chaftsabbr­üchen – und zwar von unabhängig­en Stellen. Die Motive seien also bekannt, eine staatliche Erhebung sei damit weder notwendig noch hilfreich, betont sie. Worüber man sprechen sollte, sei eine zeitgemäße Prävention: Grüne Position sei, dass es gendergere­chte Sexualpäda­gogik, kostenlose Verhütungs­mittel und Schwangers­chaftsabbr­üche auf Krankensch­ein brauche. Allerdings findet man auch diese Maßnahmen nicht im türkis-grünen Koalitions­pakt.

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