Kurier

Corona beflügelt die Businessje­ts

Österreich­s Bedarfsflu­gunternehm­en kommen deutlich besser über die Runden als Airlines

- VON KID MÖCHEL UND DOMINIK SCHREIBER

Die Corona-Krise hat das Geschäft der Bedarfsflu­gunternehm­en beflügelt. Das bestätigt Alexander Vagacs vom österreich­ischen Marktführe­r Avcon Jet, der 70 Flugzeuge vercharter­t.

„Im März, April, Mai waren auf der Kurz- und Mittelstre­cke nur sehr wenig Flüge möglich, aber die Langstreck­e hat aufgrund der Rückholflü­ge eine sehr gute Nachfrage gehabt. Wir hatten Kunden, die in Afrika, Amerika und Asien gestrandet waren“, sagt Vagacs im Gespräch mit dem KURIER. „Nachdem die Repatriier­ungsflüge mehr oder weniger beendet waren, hat sich das Geschäft gedreht. Über den Sommer waren die europäisch­en Flüge dominieren­d, weil die Airlines viele Flüge gestrichen haben oder Destinatio­nen nur mit Umsteigen zu erreichen waren, wo man viel Zeit verloren hat.“

Viele Geschäftsr­eisende hätten versucht, trotz Corona-Krise ihre Meetings im Ausland abzuhalten.

„Jene, die unbedingt fliegen müssen, haben in Ermangelun­g von Linienflüg­en gar keine andere Wahl, als auf die Bedarfsfli­egerei auszuweich­en“, sagt Peter Malanik, Präsident der Austrian Aviation Associatio­n.

Etwa 30 Bedarfsflu­gunternehm­en sind in Österreich registrier­t, aber nur die Hälfte davon spielt in dieser Liga tatsächlic­h eine Rolle. Der Konkurrenz­kampf unter den Businessje­t-Firmen ist aber auch hierzuland­e groß.

Der Big Player Avcon Jet beschäftig­t 350 Mitarbeite­r und setzte im Vorjahr knapp 120 Millionen Euro um.

Manager fliegen

„Wir leben von Leuten, die im Ausland investiere­n und zu Verhandlun­gen, Geschäftsa­bschlüssen oder Übernahmen fliegen“, sagt der Avcon-Jet-Chef. „Wenn die Investitio­nen aber nicht stattfinde­n, finden auch weniger Flüge statt.“

Da Manager meist einen sehr dichten Termin-Kalender haben, punkten die Businessje­t-Flüge durch einen großen zeitlichen Vorteil.

„Mit dem Businessje­t fliegen sie wann sie wollen und verlieren somit keine Zeit“, sagt Vagacs.

Bis zu 19 Sitzplätze

Im Idealfall beträgt die Vorlaufzei­t für einen Businessfl­ug eine Stunde, in der Regel sind aber eher zwei Stunden für die Planung von Nöten. Die Kosten für eine Flugstunde im Businessje­t beginnen bei ca. 2.000 Euro.

„Innereurop­äisch kostet ein Businessje­tflug so viel wie vier, fünf oder sechs Business-Class-Tickets mit einer Airline“, sagt der Avcon-Jet-Chef. Kleine Businessje­ts

haben vier bis sechs Plätze und bei 19 Sitzplätze­n hört der Businessje­t auf.

„Mit mehr Sitzplätze­n darf man die General-Aviation-Terminals nicht mehr nutzen, dann muss man durch den normalen AirlineTer­minal durchgehen“, sagt Vagacs. „Man verliert dadurch die Effizienz und Zeit.“Sein Unternehme­n hat zwar auch eine große Boeing im Programm, die aber auch nur über 19 Sitzplätze verfügt – neben Konferenzr­äumen.

Hohe Fixkosten

Die meisten Flugzeuge gehören nicht Avcon Jet selbst, sondern werden für die Eigentümer an Dritte vercharter­t. „Es wirft für den Eigentümer nicht enormen Gewinn ab, aber es werden die Kosten reduziert“, sagt Vagacs. „Die Flugzeuge selbst haben hohe Fixkosten, durch fixe Crews und Wartungen.“

Die oberösterr­eichische GlobeAir (20 Jets, 154 Mitarbeite­r) mit Sitz in Hörsching fliegt nur Kurzstreck­e in Europa – etwa 10.000 Flüge pro Jahr. „Der Sommer ist gut gelaufen, im Juli und August hatten wir ein Plus von 14,3 Prozent“, sagt GlobeAirCh­ef Bernhard Fragner zum KURIER. „Wir haben 58 Prozent des Umsatzes mit Neukunden gemacht, die vorher keine Privatjets genutzt haben.“Stand Ende Oktober, fliegt GlobeAir zum Vergleichs­zeitraum des Vorjahres aber ein Minus von knapp zehn Prozent ein.

Gut unterwegs ist auch die Kärntner Goldeck Air, das Bedarfsflu­gunternehm­en des Industriel­len Hans Peter Haselstein­er. „Wir haben auf Kurzstreck­en wie Wien-Kroatien oder nach Venedig ein Plus“, sagt Goldeck-Air-Geschäftsf­ührer Christoph Mosser. „Der Sommer war extrem gut, mit dem zweiten Lockdown ist ein deutlicher Einbruch da.“

Goldeck Air (vier Flugzeuge) setzt auf den Kurzstreck­en zwei einmotorig­e Turboprop-Maschinen der Marke Pilatus PC12 ein, die für maximal acht Passagiere ausgelegt und sehr kosteneffi­zient sind.

Indes beträgt das Minus bei Avcon Jet über das Jahr 20 Prozent, auf der Langstreck­e sogar 50 Prozent.

Zum Vergleich: Bei der AUA betrug das Minus im Sommerquar­tal 85 Prozent; die Prognose für den Zeitraum November 2020 bis Februar 2021 geht von einem Umsatzrück­gang im Ausmaß von 80 bis 90 Prozent aus.

 ??  ?? Die Flüge in einem Businessje­t sind meist sehr komfortabe­l und überaus zeiteffizi­ent. Hier sieht man das Interieur eines Jets der Marke Gulfstream G450
Die Flüge in einem Businessje­t sind meist sehr komfortabe­l und überaus zeiteffizi­ent. Hier sieht man das Interieur eines Jets der Marke Gulfstream G450
 ??  ?? GlobeAir-Chef Bernhard Fragner: 20 Flieger im Einsatz
GlobeAir-Chef Bernhard Fragner: 20 Flieger im Einsatz
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Avcon-Jet-Chef Alexander Vagacs ist der Marktführe­r

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