Banken für Insolvenzwelle robust aufgestellt
Kreditausfälle. Kapitalausstattung besser als 2008 / Commerzialbank-Folgen Bürokratie-Chaos wegen der Corona-Hilfen Momentum Institut sieht „Überförderung“
Die Nationalbank rechnet damit, dass Corona-bedingt die Insolvenzen in den kommenden zwei Jahren kräftig steigen werden. Für die heimischen Banken dürften die Kreditausfälle „bewältigbar sein. Die Banken sind sehr gut vorbereitet“, attestiert OeNB-Gouverneur Robert Holzmann. Die Institute seien mit einem niedrigeren Anteil an Not leidenden Krediten und einer doppelt so hohen Eigenkapital-Ausstattung wie vor der Finanzkrise 2008 in die Corona-Krise gegangen, sagte Holzmann bei der Präsentation des Finanzmarktstabilitätsberichtes.
„Im Gegensatz zur Finanzkrise sind die Banken diesmal nicht ein Teil des Problems, sondern ein Teil der Lösung“betonte VizeGouverneur Gottfried Haber.
Die OeNB hat ein Negativ-Szenario entworfen, auf dessen Basis ein Stresstest für die Banken gemacht wurde, den alle Kreditinstitute bestanden. Dieses Szenario sei allerdings aus heutiger Sicht nicht realistisch, weil zu pessimistisch.
Chef-Volkswirtin Doris Ritzberger-Grünwald rechnet stattdessen – unter Berücksichtigung staatlicher Hilfsmaßnahmen – mit einer Insolvenzquote für heuer von zwei Prozent. Das beträfe rund 112.000 Unternehmen und wäre gegenüber Normalzeiten eine Verdoppelung der Pleiten. Bis Ende 2022 erwartet die OeNB, dass 6,7 Prozent aller Unternehmen Insolvenz anmelden müssen.
22 Milliarden gestundet
Die Banken haben ihre Risikovorsorgen bereits erhöht, was die Halbjahresergebnisse um 75 Prozent einbrechen ließ. Mit Stand Oktober meldeten die Banken bei staatlich garantierten Krediten 20.000 gestundete Fälle mit einem Gesamtvolumen von 6,4 Milliarden Euro. Dazu kommen gesetzliche und freiwillige Moratorien mit in
Summe knapp 16 Milliarden Euro. Die Banken seien ausreichend kapitalisiert, um die Realwirtschaft weiterhin mit Geld zu versorgen, beruhigen die Notenbanker.
Obwohl die Profitabilität der heimischen Banken über dem EU-Durchschnitt liegt, rät die OeNB zur Vorsicht, vor allem bei Immobilienkrediten. Auch Gewinnausschüttungen an die Eigentümer sollten gut überlegt werden. Den Unternehmen helfen Kreditgarantien langfristig am effektivsten, gefolgt von Fixkostenzuschüssen und Kurzarbeit, konstatieren die Notenbanker.
Künstliche Intelligenz
Um Bankenskandale wie das Desaster der Commerzialbank Mattersburg künftig zu verhindern, will die Nationalbank auch künstliche Intelligenz (KI) für die Datenanalysen der Geschäftsmodelle der Banken einsetzen, kündigte Holzmann an. Ein besonderes Augenmerk werde man auf Banken mit ähnlicher Struktur wie die Commerzialbank legen. Holzmann spricht von „Renegaten von Netzwerken“. Die Commerzialbank hatte sich aus dem Raiffeisensektor abgespalten.
Auch die Haftungen für Einlagen müssten, so Holzmann, umgestellt werden, da diese „nicht sehr risikoadäquat sind“.
Formal habe die OeNB, die im Auftrag der Finanzmarktaufsicht (FMA) die Vor-Ort-Prüfungen durchführt, bei der Commerzialbank richtig gehandelt. Allerdings sei er natürlich „nicht glücklich“, dass man nicht schon früher die Malversationen entdeckt habe.
Vize-Gouverneur Gottfried Haber verteidigt das System der Bankenprüfung, es sei „gut designt“. OeNB und FMA seien nicht die „Oberaufsicht für kriminelle Banken. Wir sind keine Bankenpolizei“. Bei der Commerzialbank „hat das eigene Management die Bank ausgeraubt“.
Aufschrei. Die Corona-Hilfsmaßnahmen der Regierung sollen den Betrieben helfen. In der Personal- und Lohnverrechnung sorgen sie jedoch für einen Ausnahmezustand und lassen die Wogen hochgehen. Grund ist die rasch wechselnde und oft unklare Rechtslage, etwa bei der Kurzarbeit und Sonderbetreuungszeit. Diese kann zu falschen oder fehlerhaften Anträgen oder Gehaltsabrechnungen führen und somit weitreichende und teure Folgen nach sich ziehen. Manche Betriebe zahlen Gehälter bzw. Nachverrechnungen bereits mit großer Verspätung aus.
Birgit Kronberger und Rainer Kraft, Geschäftsführer vom Vorlagenportal für Arbeitsrecht und Personalvermittlung, warnen vor einem „Kollaps in der österreichischen Personalverrechnung“: „Es kann nicht sein, dass die Personal- und Lohnverrechner permanent Vorschriften administrieren müssen, die nicht klar formuliert sind und dann oft auch noch zu spät, manchmal sogar rückwirkend, veröffentlicht werden“, klagen die beiden Experten. Manche Regelungen kämen „buchstäblich über Nacht“.
Einer Umfrage des Vorlagenportals zufolge, geben 82 Prozent von knapp 2.000
Förderungen. Die vom Lockdown stark betroffene Handelsbranche bekommt nach Berechnungen verschiedener Institute durch den Umsatzersatz des Staates mehr als eine Milliarde Euro zurück. Das industrienahe Wirtschaftsforschungsinstitut EcoAustria hat laut Kleine Zeitung einen Ersatzanspruch des Handels von rund 350 Millionen Euro pro Woche errechnet. Das sozialliberale Momentum Insti
Personalverrechnern an, dass ihr Arbeitsaufwand durch die behördlichen Covid-Regelungen um mehr als 30 Prozent gestiegen sei.
Mysterium Kurzarbeit
Die größte Verunsicherung herrscht bei der Kurzarbeitsabrechnung in der Lohnverrechnung (93 Prozent), der Kurzarbeitsförderabrechnung mit dem AMS (79) sowie bei der Sonderbetreuungszeit wegen der Schulschließungen (40). „Viele Betriebe haben sich auf den Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit verlassen. Jetzt muss alles mit den Betroffenen einvernehmlich geregelt werden, ein unglaublicher Aufwand“, berichtet Arbeitsrechtsexperte Markus Löscher von der Kanzlei Gerlach. Bei der Kurzarbeit wiederum sind die Bedingungen im zweiten Lockdown vor Kurzem wieder gelockert worden. Wer bereits früher Anträge gestellt hat, fühle sich jetzt „papierlt“, so Löscher. Er sieht auch ein Problem bei der Kommunikation: Was Politiker in der Pressekonferenz ankündigen, finde sich dann nur zu 80 Prozent in der Verordnung und darin seien dann viele Lücken, die erst Gerichte klären müssten. tut geht in Summe von 1,5 Mrd. Euro für die knapp drei Schließwochen aus.
Das linke Institut Momentum spricht von „Überförderung“und sieht für manche Branche sogar eine bessere Lage als vor einem Jahr. Für einzelne Gruppen könne die Situation „natürlich sehr hart“sein, aber auf Branchenebene sieht der Thinktank das in den Zahlen „keineswegs“für alle Betriebe.