Kurier

Ex-Polizist im Kampf für Liberalisi­erung von Drogen

- M. REIBENWEIN, K. AUER

Stigmatisi­erung. „Menschlich­er“müsse die Drogenpoli­tik werden, sagt Josef Rohaczek. Der ehemalige Wiener Polizeibea­mte setzt sich seit Jahren aktiv dafür ein, dass die Stigmatisi­erung von Abhängigen ein Ende hat. „In meiner berufliche­n Laufbahn hatte ich nicht sehr viel mit Drogendeli­kten zu tun, es gab aber in der Schulklass­e meiner Kinder zwei Fälle, wo Jugendlich­e an einer Überdosis gestorben sind. Seitdem setze ich mich für eine menschlich­e Drogenpoli­tik ein“, sagt Rohaczek.

Ein Problem sei, dass das Thema ein Tabu ist und betroffene Familien nur schwer damit umgehen können. Verbote würden einen Schwarzmar­kt überhaupt erst ermögliche­n. Wegen der vielen Verbote kämen immer mehr neue psychoakti­ve Substanzen auf den Markt, deren gesundheit­liche Auswirkung­en nur schwer abzuschätz­en seien. In den letzten zehn Jahren erhöhte sich die Zahl dieser Drogen von zehn verschiede­nen Substanzen auf mehr als 700. Dies sei eine Entwicklun­g, die der Verbotspol­itik geschuldet sei. „Die Wissenscha­ft ist schon lange dahinterge­kommen, dass Prohibitio­n nicht zielführen­d ist. Der Krieg gegen Drogen hat sein Ziel verfehlt“, sagt Rohaczek. Die Zahl der Drogenkons­umenten habe sich genauso wenig reduziert wie die Flächen, die zum Anbau von Pflanzen zur Drogengewi­nnung genutzt werden.

Der Ex-Polizist ist auch Mitinitiat­or einer Bürgerinit­iative, die eine Änderung der Drogenpoli­tik im Parlament durchsetze­n will. Nähere Infos gibt es auf Facebook unter: Gemeinscha­ft für eine menschlich­e Drogenpoli­tik in Österreich.

Verfassung­sschutzber­icht. Man wollte vermutlich kein großes Aufsehen darum machen – der Verfassung­sschutzber­icht 2019 wurde heimlich, still und leise im Internet veröffentl­icht. Und er zeigt: Vor allem die Zahl linksextre­mer Straftaten hat deutlich zugenommen.

Insgesamt 218 Tathandlun­gen mit linksextre­mistischen Tatmotiven wurden im Vorjahr gezählt (2018: 137). 25 wurden geklärt, 72 Personen angezeigt – davon 29 Frauen. Zu den Tathandlun­gen zählt das BVT unter anderem Brandansch­läge auf Objekte der FPÖ – etwa auf die Landesgesc­häftsstell­e in St. Pölten. Allerdings ist fragwürdig, ob das der linken Szene zuzuordnen ist. Verurteilt wurde jedenfalls ein 21-jähriger Afghane. Von einem politische­n Motiv war beim Prozess keine Rede. Aber auch die Aktionen rund um eine rechte Kundgebung am Kahlenberg und den Angriff auf ein Haus eines angebliche­n Unterstütz­ers werden angeführt.

Rückkehr der Neonazis

Auch im Bereich des Rechtsextr­emismus gab es im Jahr 2019 einen leichten Anstieg bei den Anzeigen, es gab 954 Delikte (2018: 1.075). Ein Delikt kann aber mehre Anzeigen zu Folge haben – hier waren es 2019 um 3,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Anstiege gab es vor allem bei Anzeigen nach dem Verbotsges­etz. 93 Prozent der Anzeigen galten Männern, 63 Prozent wurden geklärt. Interessan­t ist, dass der Verfassung­sschutz seit 2019 eine Neuformier­ung von „alten Strukturen und Netzwerken rund um langjährig­e Führungska­der des ‚klassische­n‘ Neonazismu­s“beobachtet.

Bitter: Im BVT-Bericht wird auch auf die anhaltende Gefahr durch islamistis­chen Terror hingewiese­n. „Bedrohungs­potenzial geht von radikalisi­erten Einzelakti­visten aus.“Am 2. November 2020 starben in Wien vier Menschen bei einem Anschlag.

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