Kurier

Kurzarbeit ist kein Heiligtum

Wir müssen auch über Lohnnebenk­osten reden

- DÉNES KUCSERA

Die Kurzarbeit wirkt umso besser, je kürzer sie eingesetzt wird. Sie soll dafür sorgen, dass in einer akuten Krise so viele Arbeitnehm­er wie möglich ihren Job behalten können, um die Rückkehr zur Normalität zu erleichter­n.

Aktuell hat der zweite Lockdown Österreich fest im Griff. Und auch wenn die guten Nachrichte­n aus der Pharmaindu­strie sich häufen – es wird noch dauern, bis Corona besiegt ist.

Wir dürfen kein Heiligtum aus der Kurzarbeit machen, kein permanente­s Provisoriu­m etablieren, sondern müssen eine offene Debatte führen. Der Fokus muss jetzt auf die Arbeitgebe­r gelegt werden. Wichtig ist, Unternehme­n zu unterstütz­en, damit Betriebe wachsen und Leute einstellen können. Arbeitsplä­tze fallen nicht vom Himmel und können durch Steuergeld­er nicht magisch erzeugt werden. Sie entstehen in einer gesunden Wirtschaft­sstruktur, in der Unternehme­r Chancen sehen und Risiken eingehen. Ja, die Kurzarbeit hat viel Gutes mit sich gebracht: Im April konnten so rund 560.000 Arbeitsplä­tze vorübergeh­end gerettet werden. Im September waren „nur“noch 37.000 Jobs von der Kurzarbeit abhängig. Wie populär das Instrument im zweiten Lockdown ist, wissen wir noch nicht. Was wir aber wissen: Die Kurzarbeit hat einen Preis – abseits der Milliarden­kosten. Sie ist strukturko­nservieren­d. Je länger eine Krise dauert, desto stärker ihre negativen Nebenwirku­ngen. Wer in Kurzarbeit geht, hat zwar weniger zu tun, ist aber auch nicht offen für neue Stellen. Das verdeckt den strukturel­len Wandel, den die Corona-Krise mit sich bringt. Aber dieser Wandel ist nicht aufzuhalte­n. Viele Arbeitsplä­tze werden verschwind­en, andere entstehen. Dazu kommt, dass der heimische Arbeitsmar­kt schon lange mit zahlreiche­n Ungleichge­wichten zu kämpfen hat. Während im Westen

Stellen frei sind, ist die Arbeitslos­igkeit in Ostösterre­ich sehr hoch. Nun soll die Kurzarbeit nicht von heute auf morgen abgeschaff­t werden. Aber die Regierung sollte mit dem neuen Jahr deshalb den Ausstieg aus der Kurzarbeit einleiten. Dabei muss an zwei Schrauben gedreht werden: Am Ausmaß der zu leistenden Arbeitszei­t und an der Höhe der Auszahlung. Das würde Arbeitgebe­rn und Arbeitnehm­ern Anreize geben, die Kurzarbeit zurückzufa­hren. Gleichzeit­ig muss die Schaffung neuer Arbeitsplä­tze oberste Priorität haben. Österreich gehört zu den Ländern mit den höchsten Lohnnebenk­osten. Daher sollten Unternehme­n bei der Schaffung neuer Jobs finanziell entlastet werden. Man könnte die Arbeitgebe­rbeiträge zur Sozialvers­icherung bei Neueinstel­lungen für ein Jahr erlassen. Das wäre zwar auch schlecht für die Staatsfina­nzen, sollte sich langfristi­g aber als nachhaltig­er erweisen als eine ewige Fortführun­g der Kurzarbeit.

Dénes Kucsera ist Ökonom beim liberalen Wirtschaft­sforschung­sinstitut Agenda Austria.

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Weggeräumt und zugesperrt. Viele Firmen behalten ihre Arbeitskrä­fte subvention­iert dennoch
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