„Nur mir passiert so etwas“
Eine Psychologin erklärt, welchen Einfluss prominente Frauen auf Betroffene haben
Der Verlust eines ungeborenen Kindes kann verschiedene psychische Auswirkungen haben: Viele Betroffene leiden unter Hilflosigkeit, Scham- und Schuldgefühlen, andere haben große Angst, dass sich das Trauma bei der nächsten Schwangerschaft wiederholen könnte. Die klinische Psychologin und Psychotherapeutin Andrea Engleder begleitet Frauen, die in Folge einer Fehlgeburt mit depressiven Verstimmungen, Angstzuständen, psychosomatischen Beschwerden oder Konflikten in der Partnerschaft kämpfen. Der Zeitpunkt des Aborts spielt im persönlichen Leid nicht zwingend eine Rolle, sagt sie: „Eine Fehlgeburt kann auch in der 8. SSW eine tiefe Krise auslösen, vor allem, wenn das Paar schon jahrelang am Kinderwunsch arbeitet. Natürlich ist die Aufarbeitung nochmals spezieller, wenn das Kinderzimmer schon eingerichtet ist.“
Dass immer mehr prominente Frauen ihren Schmerz teilen, begrüßt die Psychologin. „Sie enttabuisieren das Thema und holen betroffene Frauen aus der schmerzlichen Isolation. Eines der schwersten Gefühle bei den Betroffenen, sowohl Frauen als auch Männern, ist das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben, unvollständig zu sein, ‚nur mir passiert so etwas und ich kann mich in meinem großen Schmerz niemandem zumuten‘ – also wird nicht darüber geredet.“
Dabei ist der offene Austausch wichtig – gerade im schicken Instagram-Idyll, wo Mutterschaft zunehmend als Lifestyle-Trend inszeniert wird und der Druck auf Frauen, eine perfekte Schwangerschaft und Geburt zu erleben, steigt. Es sei ein wichtiges Signal, dass glamouröse weibliche Vorbilder abseits von Babypartys und Bauchshootings auch dunklen Episoden Raum geben. Die persönlichen Fotos von Chrissy Teigen schockierten viele, zeigten aber, dass ihr Verlust ein Teil der Realität ist, den man aushalten kann, sagt die Psychologin. Durch das Sichtbarmachen werde zudem dem verstorbenen Fötus Wertschätzung als kleine Person entgegengebracht: „Er ist Teil des Lebens der Eltern, wenn auch nur kurz.“
Nach Stars aus dem Showbusiness komme nun eine weitere Gesellschaftsgruppe dazu, die bisher durch perfekte Fassaden und inszeniertes Familienglück auffiel: jene der Royals. Meghans Bericht zeige, „dass es nicht beeinflussbar ist und wirklich jede Frau betroffen sein kann“. Obwohl die eigene Lebenswelt eine ganz andere ist, fühlen sich Betroffene plötzlich mit der Herzogin verbunden. „Sie wird persönlich in ihrem Schmerz spürbar.“