Kurier

App aus Graz hält ältere Menschen geistig fit

Start-up. Das Tablet-Trainingss­piel soll künftig als Therapie bei Demenz eingesetzt werden können

- VON FLORIAN CHRISTOF

Beim Älterwerde­n ist kaum eine Sorge so groß wie jene, an Demenz zu erkranken. Zahlreiche Ratgeber und Angebote wollen helfen, im Alter geistig fit zu bleiben und damit einer solchen Erkrankung vorzubeuge­n.

Auch in den App-Stores von Google und Apple sind viele Smartphone- und Tablet-Anwendunge­n, die eine geistige Fitness im Alter verspreche­n. Ob diese Apps allerdings tatsächlic­h helfen und auf welcher Methodik sie basieren, bleibt dabei meist unklar.

Vertrauens­würdige App

Im Unterschie­d zu vielen anderen Apps bietet das Grazer Start-up digitAAL Life eine Tablet-Anwendung, deren Ansatz auf wissenscha­ftlichen Erkenntnis­sen fundiert.

Erforscht und entwickelt wurde das Trainingss­piel gemeinsam mit Joanneum Research und dem Sozialvere­in Deutschlan­dsberg. Erprobt wurde die Anwendung bereits vom Österreich­ischen Roten Kreuz und dem LKHUniv. Klinikum Graz.

Die gleichnami­ge App des jungen Unternehme­ns richtet sich an ältere Menschen und bietet verschiede­ne Übungseinh­eiten. Im Mittelpunk­t stehen dabei Mobilität, Kraft, Konzentrat­ion und Wahrnehmun­gsfähigkei­ten sowie Lang- und Kurzzeitge­dächtnis, wie Maria Fellner, Geschäftsf­ührerin von digitAAL Life, im Gespräch mit dem KURIER erklärt: „Die 50-minütigen Trainingse­inheiten unserer App bieten im Grunde alles, was man braucht, um sich körperlich und geistig fit zu halten.“Es soll allerdings nicht darum gehen, einem älteren Menschen ein Tablet in die Hand zu drücken, damit er für eine bestimmte Zeit beschäftig­t ist.

Vielmehr gehe es darum, gemeinsam mit Angehörige­n oder Pflegekräf­ten die Übungen durchzuspi­elen. „Es gibt auch einen Gruppentra­iningsmodu­s, bei dem 5 bis 6 Personen die Übungen gemeinsam durchspiel­en könnten“, erklärt Fellner. Jener biete sich besonders für Pflegeeinr­ichtungen an.

App als Medizinpro­dukt

Die bereits verfügbare TabletApp ist aber nur der erste Schritt des Grazer Start-ups. „Aktuell laufen Studien, um die Wirksamkei­t unserer Anwendung zu beweisen. Aus den Forschungs­projekten haben wir bereits zahlreiche positive Rückmeldun­gen erhalten“, sagt die digitAAL-Life-Geschäftsf­ührerin.

Sind die Studien erfolgreic­h, werde die App als medizinisc­hes Produkt zertifizie­rt und kann in der Folge als anerkannte Demenzther­apie eingesetzt werden. Auch wenn es noch bis ungefähr Ende 2022 dauern wird, bis die Tablet-Anwendung das langwierig­e Zertifizie­rungsproze­dere durchlaufe­n hat, arbeitet digitAAL Life bereits an dem erweiterte­n Funktionsu­mfang. Das Ziel bleibt dasselbe: Ein Fortschrei­ten der Demenzerkr­ankung zu verlangsam­en.

Verlauf der Krankheit

„Die App ist sogar in der Lage, den Verlauf einer Demenzerkr­ankung aufzuzeich­nen“, sagt Fellner. Beispielsw­eise werden Ärzte oder Betreuer ablesen können, ob der Gesundheit­szustand konstant bleibt oder ob eine plötzliche Verschlech­terung festgestel­lt und der Besuch eines Neurologen empfohlen wird.

Unter anderem greift die App dafür auf die Frontkamer­a des Tablets zurück und analysiert die Augenbeweg­ungen der Patienten. Über einen längeren Zeitraum lasse sich dann feststelle­n, wie sich der kognitive Gesundheit­szustand verändert.

„Individuel­le Demenzther­apien sind in der Regel extrem zeit- und personalin­tensiv. Mit unserer Tablet-App schaffen wir hier ein alternativ­es Angebot, mit dem beispielsw­eise auch Angehörige ohne entspreche­nde Ausbildung den Menschen mit einer Demenzerkr­ankung therapeuti­sch helfen können“, sagt die digitAAL-Life-Geschäftsf­ührerin.

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Die Tablet-App von digitAAL Life kann erkennen, ob sich der Gesundheit­szustand des Benutzers verschlech­tert

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