App aus Graz hält ältere Menschen geistig fit
Start-up. Das Tablet-Trainingsspiel soll künftig als Therapie bei Demenz eingesetzt werden können
Beim Älterwerden ist kaum eine Sorge so groß wie jene, an Demenz zu erkranken. Zahlreiche Ratgeber und Angebote wollen helfen, im Alter geistig fit zu bleiben und damit einer solchen Erkrankung vorzubeugen.
Auch in den App-Stores von Google und Apple sind viele Smartphone- und Tablet-Anwendungen, die eine geistige Fitness im Alter versprechen. Ob diese Apps allerdings tatsächlich helfen und auf welcher Methodik sie basieren, bleibt dabei meist unklar.
Vertrauenswürdige App
Im Unterschied zu vielen anderen Apps bietet das Grazer Start-up digitAAL Life eine Tablet-Anwendung, deren Ansatz auf wissenschaftlichen Erkenntnissen fundiert.
Erforscht und entwickelt wurde das Trainingsspiel gemeinsam mit Joanneum Research und dem Sozialverein Deutschlandsberg. Erprobt wurde die Anwendung bereits vom Österreichischen Roten Kreuz und dem LKHUniv. Klinikum Graz.
Die gleichnamige App des jungen Unternehmens richtet sich an ältere Menschen und bietet verschiedene Übungseinheiten. Im Mittelpunkt stehen dabei Mobilität, Kraft, Konzentration und Wahrnehmungsfähigkeiten sowie Lang- und Kurzzeitgedächtnis, wie Maria Fellner, Geschäftsführerin von digitAAL Life, im Gespräch mit dem KURIER erklärt: „Die 50-minütigen Trainingseinheiten unserer App bieten im Grunde alles, was man braucht, um sich körperlich und geistig fit zu halten.“Es soll allerdings nicht darum gehen, einem älteren Menschen ein Tablet in die Hand zu drücken, damit er für eine bestimmte Zeit beschäftigt ist.
Vielmehr gehe es darum, gemeinsam mit Angehörigen oder Pflegekräften die Übungen durchzuspielen. „Es gibt auch einen Gruppentrainingsmodus, bei dem 5 bis 6 Personen die Übungen gemeinsam durchspielen könnten“, erklärt Fellner. Jener biete sich besonders für Pflegeeinrichtungen an.
App als Medizinprodukt
Die bereits verfügbare TabletApp ist aber nur der erste Schritt des Grazer Start-ups. „Aktuell laufen Studien, um die Wirksamkeit unserer Anwendung zu beweisen. Aus den Forschungsprojekten haben wir bereits zahlreiche positive Rückmeldungen erhalten“, sagt die digitAAL-Life-Geschäftsführerin.
Sind die Studien erfolgreich, werde die App als medizinisches Produkt zertifiziert und kann in der Folge als anerkannte Demenztherapie eingesetzt werden. Auch wenn es noch bis ungefähr Ende 2022 dauern wird, bis die Tablet-Anwendung das langwierige Zertifizierungsprozedere durchlaufen hat, arbeitet digitAAL Life bereits an dem erweiterten Funktionsumfang. Das Ziel bleibt dasselbe: Ein Fortschreiten der Demenzerkrankung zu verlangsamen.
Verlauf der Krankheit
„Die App ist sogar in der Lage, den Verlauf einer Demenzerkrankung aufzuzeichnen“, sagt Fellner. Beispielsweise werden Ärzte oder Betreuer ablesen können, ob der Gesundheitszustand konstant bleibt oder ob eine plötzliche Verschlechterung festgestellt und der Besuch eines Neurologen empfohlen wird.
Unter anderem greift die App dafür auf die Frontkamera des Tablets zurück und analysiert die Augenbewegungen der Patienten. Über einen längeren Zeitraum lasse sich dann feststellen, wie sich der kognitive Gesundheitszustand verändert.
„Individuelle Demenztherapien sind in der Regel extrem zeit- und personalintensiv. Mit unserer Tablet-App schaffen wir hier ein alternatives Angebot, mit dem beispielsweise auch Angehörige ohne entsprechende Ausbildung den Menschen mit einer Demenzerkrankung therapeutisch helfen können“, sagt die digitAAL-Life-Geschäftsführerin.