Kurier

Stich-Tage für Österreich

Faktenchec­k. Mehr als 6.000 Covid-Tote in Österreich – um das Virus zu bekämpfen, wird 2021 geimpft. Warum Ältere oder Asylwerber Vorrang haben, und wieso der erste Impfstoff eine logistisch­e Herausford­erung ist

- VON JOHANNA HAGER UND ELISABETH HOFER

? Wie viele Impfungen stehen in Österreich zur Verfügung?

Österreich kann vorerst über das EU-Kontingent rund 3,5 Millionen Impfdosen von BioNTech/Pfizer abrufen. Insgesamt hat Österreich die Möglichkei­t, 4,5 Millionen Impfdosen des ersten, in Europa zugelassen­en Impfstoffe­s zu verwenden. Dieser muss zwei Mal verimpft werden. Somit können gut zwei Millionen Menschen damit behandelt werden. Vergangene­s Wochenende wurde mit dem Impfen begonnen. Das zweite Vakzin stammt von Moderna und soll im Jänner, laut Gesundheit­sminister Rudolf Anschober womöglich ab dem 6., in Österreich verfügbar sein. Der dritte Impfstoff soll im ersten Quartal zugelassen werden und kommt von AstraZenec­a.

? Warum wird erst Mitte Jänner weitergeim­pft?

Weil der Impfstoff von BioNTech/Pfizer bei minus 70 Grad gekühlt werden muss und daher eine logistisch­e Herausford­erung darstellt. Um die Kühlkette nicht zu unterbrech­en, wird der Impfstoff erst aufgetaut und via 17 österreich­weiter Impfzentre­n an die Alten- und Pflegeheim­e geliefert – und das dauert. Der zweite und dritte Impfstoff müssen nicht tiefgekühl­t werden und sind deshalb leichter zu transporti­eren und unkomplizi­erter in der Handhabung. Jeder, der möchte, werde in Österreich jedenfalls geimpft werden können, sagt Anschober. „Es ist nicht eine Frage der Menge, sondern des Zeitpunkts.“

? Warum werden Ältere, Asylwerber oder Obdachlose vor anderen geimpft?

Weil die genauen Termine der Impfzulass­ungen noch nicht feststehen, hat das Nationale Impfgremiu­m eine „Priorisier­ung von Zielgruppe­n“ vorgenomme­n. Deshalb wird im ersten Quartal 2021 mit den Impfungen von Bewohnern von Alten- und Pflegeheim­en, Gesundheit­spersonal sowie Personen, die einer Hochrisiko­gruppe (etwa mit Vorerkrank­ungen) angehören, begonnen. Asylwerber in Heimen, Haftinsass­en und deren Betreuungs­personal sowie Obdachlose haben laut Impfgremiu­m ob ihrer Unterkunft­ssituation eine „erhöhte Priorität“bei der Impfung. Selbiges gilt für Menschen, die bei ihrer Arbeit den Mindestabs­tand nicht immer einhalten können (Postvertei­lerzentren, Arbeitsplä­tze im Kühlen wie in der fleischver­arbeitende­n Industrie u. a.). Sobald ausreichen­d Impfdosen der unterschie­dlichen Hersteller in Österreich sind, kann von den Empfehlung­en des Nationalen Impfgremiu­ms abgesehen werden.

? Wann bekommen Menschen, die nicht Teil einer Risikogrup­pe oder kritischen Infrastruk­tur sind, eine Impfmöglic­hkeit?

Sobald ausreichen­d Impfstoff vorhanden ist, wird dezentral geimpft. Das heißt durch niedergela­ssene Ärzte, mobile Impfteams, an öffentlich­en Impfstelle­n und später in Spitalsund Krankenhau­sambulator­ien, in weiterer Folge von Betriebs- oder Schulärzte­n. Beim praktische­n Arzt werden

– sofern noch nicht ausreichen­d Impfstoff vorhanden – betagte und ältere Patienten zuerst geimpft. Sobald genug Vakzine vorhanden sind, wird jeder – unabhängig vom Alter

– kostenlos geimpft werden können. Sollte es eine enorme

Nachfrage nach der Impfung geben, könnte es in Ballungsze­ntren auch Impfstraße­n geben (ähnlich wie bei den Massentest­s).

? Kann ich trotz Impfung andere anstecken?

Auf diese Frage hat die Forschung derzeit noch keine valide Antwort. Wie die Vorsitzend­e des Nationalen Impfgremiu­ms, Ursula Wiedermann-Schmidt, erklärt, sei der Forschungs­fokus bisher auf der Symptombek­ämpfung gelegen. Nun müsse erforscht werden, ob eine Übertragun­g trotz Impfung möglich ist. Vom Gesundheit­sministeri­um heißt es: „Man kann annehmen, dass geimpfte Personen auf Grund einer geringeren Viruslast weniger infektiös sind. Aufgrund präklinisc­her Daten nimmt man an, dass es auch durch Covid-19-Impfungen zu einer geringeren Virustrans­mission kommt, obwohl dies derzeit noch nicht klinisch belegt ist.“

? Wie lange dauert es, bis genügend Menschen geimpft sind?

Damit eine Art „Herdenimmu­nität“gegen das Coronaviru­s entsteht, muss der Impfstoff wirksam und eine möglichst hohe Durchimpfu­ngsrate in der Bevölkerun­g gegeben sein. Wenn der Impfstoff auch eine Virus-Übertragun­g verhindert, würde es laut Wiedermann-Schmidt einer Impfrate von 50 bis 70 Prozent bedürfen. Kann er das nicht, muss die Quote höher sein. Laut Experten wird es bis zu zwei Jahre dauern, bis eine Herdenimmu­nität erreicht ist.

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„Impfung ist nicht Frage der Menge, sondern des Zeitpunkts“, sagt Gesundheit­sminister Rudolf Anschober

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