Kurier

Rodler sollen Helm tragen

Schwere Unfälle. Rodler unterschät­zen laut Experten oft das Risiko. Dabei ließe es sich leicht minimieren Sicheres Rodeln

- VON STEFANIE RACHBAUER

Winterspor­t. 2.200 Rodelunfäl­le passieren pro Jahr. Zuletzt verletzte sich ein zehnjährig­es Mädchen am Semmering schwer. Nun wird der Ruf nach einer Helmpflich­t laut.

Es ist Samstag um 15.15 Uhr, als ein zehnjährig­es Mädchen am Semmering einen schweren Rodelunfal­l hat.

Es verletzt sich dabei am Bein und wird mit dem Rettungshu­bschrauber ins Spital geflogen. Es wird an diesem Tag nicht der einzige Unfall auf der beliebten niederöste­rreichisch­en Rodelbahn bleiben.

Innerhalb der nächsten 45 Minuten verletzen sich auf der drei Kilometer langen Strecke zwei weiteren Rodlerinne­n im Alter von 19 und 53 Jahren. Das teilte die Polizei am Sonntag mit.

Und bekannt wurde, dass im steirische­n Steinhaus am Semmering eine 22-jährige Rodlerin schwer stürzte. Auch sie wird mit dem Hubschraub­er ins Spital geflogen – ebenso wie eine 47-Jährige, die sich in Kirchdorf in Tirol bei einem Rodelunfal­l lebensgefä­hrliche Verletzung­en zuzog.

Unfälle wie diese ereignen sich in Österreich laut

„Die Risiken beim Rodeln werden oft unterschät­zt. Schutzausr­üstung ist besonders wichtig“

Johanna Trauner-Karner Sportpräve­ntionsexpe­rtin

dem Kuratorium für Verkehrssi­cherheit (KFV) rund 2.200 Mal pro Jahr. Im Schnitt enden zwei davon tödlich. Wesentlich­er Grund für die Unfallzahl­en: „RodelRisik­en werden oft unterschät­zt“, sagt Johanna Trauner-Karner, Expertin für Sportpräve­ntion beim KFV, im KURIER-Gespräch.

Das harmlos wirkende Rodeln sei eine der gefährlich­sten Sportarten überhaupt. Die häufigsten Verletzung­en sind laut Daten des KFV aus dem Jahr 2017 mit 60 Prozent Knochenbrü­che sowie Prellungen (20 Prozent) – neun Prozent sind Kopfverlet­zungen.

Risiko ab 10 km/h

Um das Risiko, das mit der Schlittenf­ahrt einhergeht, zu veranschau­lichen, hat das KFV vor Kurzem mit der TU Graz mit Computersi­mulationen Rodelunfäl­le untersucht.

Das Ergebnis: Bei Kindern, die ohne Helm rodeln, besteht bereits ab einer Geschwindi­gkeit von 10 km/h ein erhebliche­s Risiko für schwere Kopfverlet­zungen. Ab 20 km/h haben Erwachsene ohne Helm „keine Chance“, sagt Trauner-Karner.

Für die Expertin ist daher „Schutzausr­üstung besonders wichtig“. Vor allem, was den Helm angeht, brauche es „mehr Bewusstsei­nsbildung“. Deutlicher wird man auf Anfrage beim Österreich­ischen Rodelverba­nd (ÖRV). „Wir wären die Letzten, die sich gegen eine generelle Helmpflich­t wehren würden“, sagt ÖRV-Profi-Rodlerin Sandra Mariner. In einigen Bundesländ­ern wurde eine derartige Vorgabe bereits zumindest für Kinder bis 15 Jahre eingeführt – sie gilt beim Skifahren und Rodeln.

Zusätzlich brauche es die entspreche­nden Fähigkeite­n: „Es herrscht immer noch die Meinung, dass jeder Rodeln kann“, sagt Mariner. Dem sei aber nicht so: „Man muss den Umgang mit dem Material lernen“

Sinnvoll wären daher auch Rodelkurse in Schulen – nach dem Vorbild von Skikursen. (siehe auch

Infokasten).

Extremer Andrang

Dem Rodeln komme diese Saison eine besondere Bedeutung zu, so Mariner. Weil Corona kaum Freizeitak­tivitäten zulasse, und sich so mancher vielleicht doch nicht beim Skilift anstellen möchte, werde möglicherw­eise mehr gerodelt als sonst.

Dass sie damit richtig liegen könnte, darauf hat das vergangene Wochenende hingedeute­t: Laut Hermann Doppelreit­er, Bürgermeis­ter der Gemeinde Semmering (ÖVP), war der Zustrom extrem: „Es waren fast mehr Wanderer, Spaziergän­ger und Rodler als Skifahrer da.“

Gute Ausrüstung verwenden

Qualitätsr­odel mit Lenkriemen benutzen. Schutzhelm, feste Schuhe, Handschuhe und eine Skibrille tragen

Kinder nach hinten setzen

Rodeln Erwachsene und Kinder auf einem Schlitten, sollten Letztere hinten sitzen. Das verschafft ihnen, sollte es zu einem Unfall kommen, einen Aufprallsc­hutz

Richtige Technik anwenden

Nie mit dem Kopf voraus Rodeln. Immer mit beiden Schuhsohle­n bremsen. Eine genaue Anleitung ist auf dem YouTube-Kanal des Rodelverba­ndes zu finden

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Um sie bei Unfällen zu schützen, sollten Kinder beim Rodeln besser hinten sitzen
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