Kurier

Selbst Covid bremste Engagement nicht

Hilfe. Günther Gutmann lehrte in Niger den Umgang mit Baumaschin­en. Zurück kam er Corona-positiv

- VON CAROLINE FERSTL

Die letzten zehn Tage des Jahres 2020 verbrachte Günther Gutmann in Quarantäne. Mit trockenem Husten und einer Lungenentz­ündung. Trotzdem nahm er sich Zeit, dem KURIER – telefonisc­h – von seinem dreiwöchig­en Einsatz in Niger zu erzählen. Ob er denn damit gerechnet habe, sich mit Corona anzustecke­n? „Rechnen muss man mit allem“, erwidert Gutmann. „Aber ich würde es wieder tun. Ich bin unverbesse­rlich.“

Der unverbesse­rliche Entwicklun­gshelfer aus Traiskirch­en-Müllendorf (Bezirk Baden) war hauptberuf­lich Oberst beim Bundesheer und 20 Jahre lang Leiter des Instituts Heereskraf­tfahrwesen der Heereslogi­stikschule. Seit drei Jahren ist Gutmann in Pension, verfügt über Wissen und Zeit. Aus diesem Grund hat ihn sein früherer Kollege Christoph Lechner gefragt, ob Gutmann nicht für drei Wochen bei einem Entwicklun­gsprojekt in Niger mithelfen möchte.

Die deutsche Bundeswehr hat der westafrika­nischen Republik im Rahmen eines Ertüchtigu­ngsprogram­mes Straßenbau-, Wasserund Brunnenboh­rgeräte zur Verfügung gestellt. Lechner leitet eine Firma in Melk, die technische Dienstleis­tungen aller Art in robusten Gegenden anbietet. Er soll vor Ort den nigrischen Soldaten den Umgang mit den Maschinen lehren.

Gutmann sagte zu. Es war nicht sein erster derartiger Einsatz: Im Oktober war der 66-Jährige eine Woche in Tunesien und bildete die tunesische Nationalga­rde auf Quad-ähnlichen Fahrzeugen aus, um den Grenzschut­z zu verstärken. Doch in Niger erwarteten ihn diesmal 39 Grad Celsius, akuter Durchfall und nach der Rückkehr ein positiver PCR-Test.

Leben im Sand

Gutmanns Berichten zufolge besteht Niger zu einem großen Teil aus Sand: „Nur die

Hauptwege sind asphaltier­t. Man bewegt sich hauptsächl­ich auf Motorräder­n, Eseln und Kamelen.“

Die fünfköpfig­e Gruppe aus Österreich und Deutschlan­d

arbeitete drei Wochen lang mit den Soldaten. Gutmann erklärte auf Englisch die Bedienung der Fahrzeuge, ein Dolmetsche­r übersetzte. „Ob ich einen nigrischen oder österreich­ischen Soldaten ausbilde, ist mir komplett wurscht. Wichtig ist, dass mein Wissen angenommen wird. Das wurde es. Dort wird man Soldat, damit man seine Familie ernähren kann. Es ist eine andere Welt“, berichtet Gutmann.

Lechner ist regelmäßig in der Region unterwegs. Im

Nachbarlan­d Mali hat er mehrere Abwasser- und Kläranlage­n gebaut. Dort ist auch die Bundeswehr stark vertreten. Natürlich nicht ganz selbstlos: Das größere, politische Ziel hinter der humanitäre­n Hilfe ist es, der Migration nach Europa entgegenzu­wirken.

Armut und Instabilit­ät

Lechner zeigte sich positiv überrascht von Niger: „Die Hauptstadt war sauber, man sieht viele Schulen und Kinder in Schulunifo­rmen. Niamey scheint sich zu stabilisie­ren.“Dennoch gilt die Republik als eines der ärmsten Länder der Welt. Seit Jahren nimmt sie im Index der menschlich­en Entwicklun­g den letzten Platz ein. „Islamistis­che Organisati­onen und Rebellentr­uppen, die hier Kriege anzetteln wollen, kann man nur durch Stabilität besiegen“, ist sich Lechner sicher. Auch Gutmann ist dieser Meinung, weiß aber: „Unsere Arbeit ist ein Tropfen auf dem heißen Stein.“Und trotzdem würde er wieder hinunterfa­hren. Manche Dinge sind eben doch stärker als Corona.

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Christoph Lechner (r.) ist seit Jahren in Westafrika tätig. Er arbeitet eng mit der deutschen Bundeswehr zusammen
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Gutmann war vor seiner Pension Oberst beim Heer

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