Kurier

Die Geister, die Trump rief

- VON KONRAD KRAMAR konrad.kramar@kurier.at / Twitter: @konradkram­ar

Es war längst zu spät. Als Donald Trump per Twitter zu friedliche­n Demonstrat­ionen in Washington aufrief, da waren seine teils bewaffnete­n Anhänger bereits dabei, das Kapitol zu stürmen. Die seit der verlorenen Wahl vom Präsidente­n mit allen Mitteln betriebene Kampagne gegen einen vermeintli­chen Wahlbetrug erfuhr am späten Nachmittag in der Hauptstadt ihre erschütter­nde Konsequenz. In einem täglichen Stakkato an eMails und Social-Media-Kommentare­n hat Trump in den vergangene­n Wochen Stimmung gegen die „gestohlene Wahl“gemacht. Die Botschaft war deutlich und sie unterstric­h nur das, was er ohnehin immer und immer wieder vermittelt hatte: Die US-Demokratie sei unterwande­rt von Lobbies und politische­n Eliten, die den Willen der Menschen ignorierte­n, nur er sei in der Lage, ihnen zu ihrem Recht zu verhelfen. Und genau dieses Recht meinen sich Trumps Anhänger nun in Washington zu verschaffe­n, mit der Waffe in der Hand und mit offener Gewalt.

Die Zweifel an der US-Demokratie sind in den Trump-Jahren unaufhalts­am stärker geworden, befeuert von einem Präsidente­n, der ständig in kritischen Momenten deutlich nach rechts blinkte. Die erschrecke­nden Szenen in Washington sind nur der bislang jüngste Tiefpunkt einer politische­n und sozialen Spaltung der USA. Diese Kluft wird nicht so rasch zugehen, auch wenn Joe Biden in zwei Wochen als Präsident antritt.

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