Kurier

Nun doch: Verimpft wird, was da ist

Nach massiver Kritik am Impfchaos in Österreich ordnet die Regierungs­spitze nun Vollgas an

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Das Unverständ­nis war groß. Tausende Dosen Impfstoff gegen das Coronaviru­s befanden sich im Land, doch die Bundesregi­erung wollte mit einem flächendec­kenden Impfstart bis 12. Jänner zuwarten. „Warum, wenn doch gleichzeit­ig Menschen an dem Virus sterben?“, lautete die immer gleiche Frage in den vergangene­n Tagen.

Die Antwort, man brauche Zeit für Aufklärung­sgespräche sowie die logistisch­e Abwicklung und habe außerdem über die Feiertage zu wenig Personal gehabt, ließ die Kritik nicht abebben. Die Regierungs­spitze musste handeln. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) lud Logistikex­perten des Verteidigu­ngsressort­s sowie Vertreter des Gesundheit­sministeri­ums und der Bundesländ­er zu einer Videokonfe­renz.

Das Ergebnis: Jetzt wird rascher geimpft. Noch in dieser Woche sollen mehr als 21.000 Dosen verimpft werden. Ziel ist, inklusive der bisher rund 6.800 Geimpften, bis Dienstag kommender Woche knapp 71. 000 Personen gegen das Coronaviru­s zu impfen (siehe Grafik).

„Was geliefert wird, muss sofort verimpft werden“, erklärte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Dreikönigs­tag. Der Prozess werde beschleuni­gt, da es beim Impfen um Schnelligk­eit und um Menschenle­ben

gehe. „Daher gibt es keinen Grund, dass Impfdosen über Wochen zwischenge­lagert werden“, ergänzte er.

Heißt das also, dass man früher als geplant (nämlich ab Februar) damit beginnen können wird, Personen höheren Alters, die aber nicht in Heimen wohnen, zu impfen? Das könne man nicht mit Sicherheit sagen, heißt es dazu aus dem Gesundheit­sministeri­um. Alles hänge von der Zulassung der Impfstoffe ab.

Zulassung erfolgt

Just auf diesem Gebiet gab es am Mittwoch Neuigkeite­n, die vorsichtig­en Optimismus aufkommen lassen: Die EUKommissi­on hat nach einer Empfehlung der Arzneimitt­elbehörde den COVID-19 Impfstoff-Kandidaten des USUnterneh­mens Moderna zugelassen (Mehr dazu lesen Sie

auf Seite 22). „Das ist eine gute Nachricht für die EU und Österreich“, erklärte dazu Gesundheit­sminister Rudolf Anschober (Grüne). Österreich erwartet von Moderna für das erste Quartal 200.000 Impfdosen, für das zweite Quartal 690.000. Insgesamt für das erste Halbjahr also 890.000 Dosen. Fehlt noch die Zulassung des dritten Impfstoffe­s, jenem von AstraZenec­a. Anschober rechnet damit im Februar. Die EU hat von AstraZenec­a 300 Millionen Dosen bestellt, mit Option auf weitere 100 Millionen Dosen. Österreich soll davon zwei Prozent bekommen, also sechs bis acht Millionen Dosen.

Doch was passiert eigentlich mit den Dosen, die bestellt, aber nicht abgerufen werden? Gegenwärti­g würden diese sofort an die Bundesländ­er übergeben, damit ältere Menschen, die nicht in Pflegeheim­en leben, sowie medizinisc­hes Personal schnell geimpft werden können, erklärt Kanzler Kurz.

Während die Bundesregi­erung nun also an die Pflegeheim­e appelliert, die Impfstoffe abzurufen, zeigt sich die Opposition empört über das Vorgehen von Türkis-Grün. SPÖParteic­hefin

Pamela Rendi-Wagner nennt das Vorgehen der Regierung „fahrlässig“, am heutigen Donnerstag wollen die Sozialdemo­kraten daher eine Sondersitz­ung des Nationalra­ts beantragen.

Den Neos ist es zu wenig, dass bis Ende der Woche nun doch noch 20.000 Dosen verimpft werden sollen. Ihr Motto: Da ginge noch mehr. „Bis Ende der Woche werden rund 135.000 Dosen angeliefer­t worden sein“, sagt der pinke Sozialspre­cher Gerald Loacker. „Es ist grob fahrlässig, ja gemeingefä­hrlich, wenn die Regierung mehr als 100.000 Dosen ungenutzt herumliege­n lässt.“

Auch die FPÖ, die einer Impfung bislang nicht immer euphorisch entgegensa­h, nutzt das Momentum, um der Regierung „Versagen“zu attestiere­n.

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Mit der Hilfe des Bundesheer­es sollen bis 17. Jänner 70.930 Menschen in Österreich, darunter hauptsächl­ich Heimbewohn­er, gegen das Coronaviru­s geimpft worden sein

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