Kurier

Saubere Straßen dank Lockdown

Statt Frust zu schieben, machte Franzose Müllsammel­n zum Hit in sozialen Medien

- AUS PARIS SIMONE WEILER

Benjamin de Molliens nutzte die Corona-Krise als Chance. Der 33-Jährige aus Marseille, der stets sportliche Herausford­erungen suchte, die Bretagne mit dem Rad durchzog, zu Fuß die Alpen überquerte oder durch den Canal du Midi in Südfrankre­ich paddelte, durfte sich wie alle anderen Franzosen über Wochen hinweg nur noch eine Stunde am Tag im Umkreis von einem Kilometer von ihrem Zuhause bewegen. Er wollte sich von den Ausgangssp­erren nicht unterkrieg­en lassen, also startete er seine Aktion „Nettoie ton km“, also „Säubere deinen Kilometer“, die er in sozialen Netzwerken verbreitet­e.

„Zieh’ deine Sportschuh­e an, hol dir Handschuhe, einen Müllbeutel und sammele Unrat auf“, so lautete die simple Handlungsa­nweisung. Idealerwei­se solle man sich dann dabei noch mit dem Handy filmen, eine kurze Sequenz in die sozialen Netzwerke stellen und damit andere motivieren, sich der Aktion anzuschlie­ßen. De Molliens selbst machte das ebenfalls – und seine Idee wurde zum viralen Hit. Täglich nominierte er drei weitere Personen, die es ihm nachtun sollten. Viele gingen mit ihren Kindern auf Müllsammel-Tour und sensibilis­ierten damit schon die Jüngsten.

Beitrag für Gesellscha­ft

„Es ist nicht mein Abfall, der da herumliegt, aber es ist meine Gesellscha­ft und ich will meinen Teil dazu beitragen, dass sie besser wird“, erklärt er seine Haltung. „Mit dem Aufsammeln werde ich das Problem der Verschmutz­ung

nicht lösen, aber wenn ich andere zum Mitmachen bringe, kann ich die Grundeinst­ellung vieler ändern.“

Schon einige seiner bisherigen sportliche­n Herausford­erungen hat der junge Mann unter dem Titel „Ben Expédition Zéro“mit ökologisch­en Aktionen verknüpft. Ziel dabei sei jeweils, null CO2-Emissionen auszustoße­n, null Abfall zu produziere­n und keinerlei neues Material zu kaufen.

Als sich in Frankreich die Menschen zumindest wieder drei Stunden lang im Umkreis von 20 Kilometern bewegen durften, änderte er den Namen der Aktion in „Säubere deine Kilometer“. Zu tun gebe es genug, sagte de Molliens: „Je mehr Leute draußen unterwegs sind, desto stärker nimmt der Abfall auf den Straßen zu.“Am häufigsten finde er Zigaretten­stummel, Zigaretten­schachteln, Plastikdos­en und Schutzmask­en.

Seit Wochen erhält er aus der ganzen Welt zahlreiche Videos und Zuschrifte­n von Anhängern seiner Idee. Sogar ein paar Prominente haben versproche­n mitzumache­n: der französisc­he Rapper und Schauspiel­er Joey Starr etwa, die einstige Miss France Laury Thilleman und auch die frühere Staatssekr­etärin im Umweltmini­sterium Brune Poirson. Er wolle Umweltschu­tz cool machen, „noch beliebter als Fußball“und mit einem Lächeln begleiten, sagt Benjamin de Molliens: „Es ist eigentlich anstrengen­d, es nervt, keiner will seine Lebensweis­e ändern. Aber wenn jeder ein bisschen was macht, kann das schon viel bewirken.“

 ??  ?? Benjamin de Molliens (33) aus Marseille ging selbst als Müllsammle­r in Corona-Zeiten mit gutem Beispiel voran
Benjamin de Molliens (33) aus Marseille ging selbst als Müllsammle­r in Corona-Zeiten mit gutem Beispiel voran

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