Saubere Straßen dank Lockdown
Statt Frust zu schieben, machte Franzose Müllsammeln zum Hit in sozialen Medien
Benjamin de Molliens nutzte die Corona-Krise als Chance. Der 33-Jährige aus Marseille, der stets sportliche Herausforderungen suchte, die Bretagne mit dem Rad durchzog, zu Fuß die Alpen überquerte oder durch den Canal du Midi in Südfrankreich paddelte, durfte sich wie alle anderen Franzosen über Wochen hinweg nur noch eine Stunde am Tag im Umkreis von einem Kilometer von ihrem Zuhause bewegen. Er wollte sich von den Ausgangssperren nicht unterkriegen lassen, also startete er seine Aktion „Nettoie ton km“, also „Säubere deinen Kilometer“, die er in sozialen Netzwerken verbreitete.
„Zieh’ deine Sportschuhe an, hol dir Handschuhe, einen Müllbeutel und sammele Unrat auf“, so lautete die simple Handlungsanweisung. Idealerweise solle man sich dann dabei noch mit dem Handy filmen, eine kurze Sequenz in die sozialen Netzwerke stellen und damit andere motivieren, sich der Aktion anzuschließen. De Molliens selbst machte das ebenfalls – und seine Idee wurde zum viralen Hit. Täglich nominierte er drei weitere Personen, die es ihm nachtun sollten. Viele gingen mit ihren Kindern auf Müllsammel-Tour und sensibilisierten damit schon die Jüngsten.
Beitrag für Gesellschaft
„Es ist nicht mein Abfall, der da herumliegt, aber es ist meine Gesellschaft und ich will meinen Teil dazu beitragen, dass sie besser wird“, erklärt er seine Haltung. „Mit dem Aufsammeln werde ich das Problem der Verschmutzung
nicht lösen, aber wenn ich andere zum Mitmachen bringe, kann ich die Grundeinstellung vieler ändern.“
Schon einige seiner bisherigen sportlichen Herausforderungen hat der junge Mann unter dem Titel „Ben Expédition Zéro“mit ökologischen Aktionen verknüpft. Ziel dabei sei jeweils, null CO2-Emissionen auszustoßen, null Abfall zu produzieren und keinerlei neues Material zu kaufen.
Als sich in Frankreich die Menschen zumindest wieder drei Stunden lang im Umkreis von 20 Kilometern bewegen durften, änderte er den Namen der Aktion in „Säubere deine Kilometer“. Zu tun gebe es genug, sagte de Molliens: „Je mehr Leute draußen unterwegs sind, desto stärker nimmt der Abfall auf den Straßen zu.“Am häufigsten finde er Zigarettenstummel, Zigarettenschachteln, Plastikdosen und Schutzmasken.
Seit Wochen erhält er aus der ganzen Welt zahlreiche Videos und Zuschriften von Anhängern seiner Idee. Sogar ein paar Prominente haben versprochen mitzumachen: der französische Rapper und Schauspieler Joey Starr etwa, die einstige Miss France Laury Thilleman und auch die frühere Staatssekretärin im Umweltministerium Brune Poirson. Er wolle Umweltschutz cool machen, „noch beliebter als Fußball“und mit einem Lächeln begleiten, sagt Benjamin de Molliens: „Es ist eigentlich anstrengend, es nervt, keiner will seine Lebensweise ändern. Aber wenn jeder ein bisschen was macht, kann das schon viel bewirken.“