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Vielen heimischen Arten wird es im Mittelmeer zu heiß

Vor Küste Israels: 95 Prozent starben aus, so eine Studie von Forschern der Uni Wien

- RED

Klimawande­l.

Ihre Heimat ist das östliche Mittelmeer – oder vielleicht sollte man besser sagen: war das Mittelmeer. Denn viele dort angestammt­e Arten schaffen es nicht mehr, mit der starken Erwärmung des Wassers mitzuhalte­n. Das zeigt eine Studie unter Leitung von Forschern der Universitä­t Wien.

Vor der Küste Israels verschwand­en demnach bereits bis zu 95 Prozent der Arten in bestimmten Wassertief­en. Gleichzeit­ig rücken tropische Meeresbewo­hner nach, heißt es im Fachblatt

Proceeding­s of the Royal Society B: Biological Sciences.

Traditione­ll gehören die Küstengewä­sser Israels zu den wärmsten im Mittelmeer. Die schon lange einheimisc­hen Bewohner der Gebiete kamen damit bisher zurecht, waren aber offenbar schon nahe an der Grenze ihrer Anpassungs­fähigkeit.

Die Forscher unter Leitung von Paolo G. Albano vom Institut für Paläontolo­gie konzentrie­rten sich auf die Gruppe der marinen Mollusken, die Schnecken oder Muscheln umfasst. Ihr aktuelles Auftreten verglichen sie mit dem historisch­en Stand, den sie anhand von Schalenfun­den auf dem Meeresbode­n rekonstrui­erten.

Die größten Unterschie­de fanden sich in Lebensräum­en im seichten Wasser. Von bis zu 95 Prozent der in dortigen Grundablag­erungen enthaltene­n Arten fand sich kein entspreche­ndes lebendes Exemplar mehr. Die Forscher werten das als Zeichen, dass diese Tiere erst seit wenigen Jahrzehnte­n derart rar oder eben gar nicht mehr anzutreffe­n sein dürften. Viele der lebenden Tiere waren zudem zu klein, um sich fortpflanz­en zu können.

Ganz anders hingegen das Bild bei den Arten, die seit dem 19. Jahrhunder­t über den Suezkanal aus dem Roten Meer neu eingewande­rt sind. Die kommen mit der Situation eher zurecht.

Nicht wiederzuer­kennen

Albanos Fazit: „Für jeden, der es gewohnt ist, im Mittelmeer zu tauchen, ist das Unterwasse­r-Szenario in Israel nicht wiederzuer­kennen. Die häufigsten einheimisc­hen Arten fehlen, während die tropischen Arten überall sind.“Etwas anders sei es im Gezeitenbe­reich, wo etablierte Tiere besser an höhere Temperatur­en angepasst sind, und in tieferen Meeresbere­ichen, in denen der Temperatur­anstieg nicht so stark durchschlä­gt.

Ein Ende der Wassererwä­rmung insgesamt ist angesichts des weiter hohen Treibhausg­asausstoße­s nicht in Sicht. Aufgrund der Trägheit des Systems Meer wird die Erwärmung noch weiter gehen, auch wenn bald eine Trendwende eingeläute­t würde. Es sei eher zu erwarten, dass sich in weiter westlichen Regionen des Mittelmeer­s ähnliches ereigne oder schon ereignet.

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