Kurier

Steuerverm­eidung: EU plant Pranger für Konzerne

Großuntern­ehmen sollen offenlegen, wo sie Gewinne machen und Steuern zahlen

- INGRID STEINER-GASHI BRÜSSEL

Steuergere­chtigkeit. Wenn ein Milliarden-Unternehme­n wie Starbucks für das Vor-Coronajahr 2019 exakt 2.848 Euro an Steuern an den österreich­ischen Fiskus abliefert, ist das erstaunlic­h wenig, aber nicht illegal. Wie bei vielen internatio­nalen Konzernen üblich, werden die Profite von Land zu Land bis dorthin verschoben, wo besonders niedrige Steuersätz­e locken. Bis zu 170 Milliarden Euro an Einnahmen gehen der EU jährlich durch den Abfluss an Steueroase­n verloren.

Dieser Praxis der legalen Steuerverm­eidung will es Brüssel nun richtig schwer machen. Nicht durch Verbote, sondern mittels Transparen­z: Künftig sollen alle Bürger im Internet nachlesen können, welcher Konzern in welchem europäisch­en Staat wie viel Umsatz und Gewinn gemacht und wie viele Steuern darauf bezahlt hat. Betroffen davon sind Großuntern­ehmen mit einem Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro in der EU. Bisher haben solche Informatio­nen nur Finanzämte­r ausgetausc­ht.

Öffentlich­er Druck

Die Idee dahinter: Dieses „Public Country-by-CountryRep­orting“soll massiven öffentlich­en Druck schaffen. „Die Unternehme­n können nicht mehr verstecken, wie viel Gewinn sie gemacht und wie viel Steuern sie darauf abgeführt haben“, sagt Evelyn Regner. Die österreich­ische EU-Abgeordnet­e (SPÖ) ist Chefverhan­dlerin im EU-Parlament für diese „Land-zuLand-Berichte“. Dabei, so betont Regner, gehe es nicht um „Betriebsge­heimnisse, sondern um öffentlich­e Vergleichb­arkeit von rechtsverb­indlichen Informatio­nen“.

Anstoß für dieses Vorhaben gab die „LuxLeaks-Affaire“, die vor einigen Jahren ans Licht gebracht hatte, wie wenig Steuern viele Großkonzer­ne in Luxemburg zahlen. Doch der Plan wurde in der EU jahrelang blockiert. Sämtliche österreich­ische Finanzmini­ster von Hans Jörg Schelling über Hartwig Löger bis hin zu Gernot Blümel lehnten die Offenlegun­g von Steuerzahl­ungen großer Konzerne vehement ab.

Am heutigen Donnerstag hingegen dürfte es beim Rat der 27 EU-Wirtschaft­sminister in Brüssel endgültig ei Grüne Licht geben. „Und das Schlüssell­and dabei ist Österreich“, sagt Regner, – als entscheide­nder Mehrheitsb­ringer im Rat der Minister.

Denn in der Zeit der Übergangsr­egierung hatte der Nationalra­t mit den Stimmen der SPÖ, der Grünen und der FPÖ die öffentlich­e Berichtspf­licht durchgeset­zt – dieser Beschluss ist nun auch in Brüssel bindend.

Steuerpara­diese

Nicht nur steuerverm­eidende Konzerne dürften künftig in Erklärungs­not kommen, sondern auch EU-Staaten, die von der Praxis profitiere­n – etwa Luxemburg, Malta, Irland oder Zypern. „Kein Wunder, dass diese Länder immer gegen die Offenlegun­g der Steuerdate­n sind. Das sind ihre Geschäftsp­raktiken“, ärgert sich Regner über die Steuerpara­diese mitten in Europa.

Stimmen die Mitgliedss­taaten der Veröffentl­ichungspfl­icht heute mehrheitli­ch zu, können die Verhandlun­gen mit dem EU-Parlament beginnen. Sie werden „sehr zügig verlaufen“, glaubt Regner. Und so dürfte es in den kommenden Jahren völlig normal werden, im Internet schnell mal nachzuscha­uen, wie viel Steuern Konzerne wie Apple, Red Bull oder Volkswagen in welchem Land gezahlt haben.

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