Ärger auf der Sophienalpe
Wo einst Erzherzogin Sophie ihre Sommer verbrachte und Tausende Wiener wandern, herrscht heute Tristesse. Nach einem Cannabis-Fund ist die Zukunft des heruntergekommenen Restaurants ungewiss
Gastronomie. Ständig wechselnde Pächter und jetzt ein Cannabis-Fund: Das beliebte Ausflugsziel erlebt schlechte Zeiten.
Mit Stelze, knusprigem Grillhendl und Barbecue werben die großen Schilder, die den Weg zur Wiener Sophienalpe weisen. Und mit „Essen – Trinken – Entspannung“. In Wahrheit gibt es an dem beliebten Ausflugsort der Wiener derzeit nichts von alledem. Und zwar, weil es jemand mit der Entspannung zuletzt dort etwas übertrieben hat.
Oder, genauer gesagt: mit den entspannenden Substanzen. Das Restaurant auf der Sophienalpe kam vor wenigen Tagen in die Medien, weil die Polizei einen überraschenden Fund machte. 1.420 Cannabispflanzen in Vollblüte standen dort in einer illegalen Plantage, im Hoteltrakt direkt hinter dem Restaurant.
Grund für die Hausdurchsuchung war ein europäischer Haftbefehl gegen den 56-jährigen Betreiber der Sophienalpe. Die tschechischen Behörden werfen ihm vor, in Kokainhandel verstrickt und Teil einer Bande zu sein, die Crystal Meth herstellt.
Eine lange Tradition
Es ist der nächste traurige Tiefpunkt in der zuletzt schwierigen Geschichte des früher so beliebten Lokals. Bereits im 19. Jahrhundert verschlug es die Wiener auf die Alpe, die auf gerade einmal 477 Höhenmetern im 14. Bezirk liegt. Ab 1957 führte die Wirtsfamilie Allmayer bis 2015 das Lokal mit gutbürgerlicher Küche. Mittlerweile ist das Gebäude in einem heruntergekommenen Zustand. Die Türen und der Gastgarten sind etwas schlampig mit Absperrband verhängt. In einer Ecke lehnt einsam ein verwittertes Almdudler-Trachtenpärchen. „Keine Selbstbedienung“steht auf der Schiefertafel, die das Pärchen hält. Und überall hinter dem Haus steht Unrat. Kanister mit Frittierfett, Kartons voller Gläser und Flaschen. Alles wirkt wie nach einem überhasteten Aufbruch.
Was ist zwischen 2015 und der vergangenen Woche passiert? Die Allmayers schlitterten als damalige Betreiber in ein Insolvenzverfahren. Der Grund dafür sollen Schweizer-Franken-Kredite gewesen sein. Ein Wiener Immobilienhändler kaufte den Komplex schließlich auf.
Kein Ort für Techno
Erst 2018 fand man eine neue Pächterin. Gastronomin Claudia Hahn übernahm die Sophienalpe – und schloss im September 2019, knapp ein Jahr später, schon wieder. Angeblich hatten sich Anrainer über den Lärm beschwert, nachdem dort unter anderem ein Techno-Festival veranstaltet wurde. Es kam zu Unstimmigkeiten zwischen Betreiberin und Eigentümer.
Erst vor wenigen Monaten dann die – vermeintlich – gute Nachricht: Ein neuer Betreiber kündigte an, der Sophienalpe der CoronaKrise zum Trotz zu neuem, altem Glanz zu verhelfen.
Nicht mit lautem Techno. Und auch von Cannabis, Kokain und Crystal Meth war nicht die Rede. Sondern von Gutbürgerlichem und von Picknick-Körben für die Ausflügler, gefüllt mit Backhendl und Kartoffelsalat, Wein, Apfelsaft und Brot mit Aufstrich, gerne auch vegetarisch und vegan. Bereitwillig erzählte der Betreiber von seinen Plänen, die Medien berichteten. Zur Eröffnung wurde gegrillt.
Mittlerweile ist der 56Jährige in Haft und bestreitet alle Vorwürfe – sowohl jene der tschechischen, als auch jene der österreichischen Behörden. Er kenne die Männer nicht, mit denen er in Tschechien in Verbindung gebracht wird. Jenen Teil der Sophienalpe, in der das Cannabis gefunden wurde, habe er an einen Bulgaren untervermietet. Dieser habe zu ihm gesagt, er wolle dort Baumaterialien lagern.
Laut seinem Anwalt Mathias Burger hat der 56-Jährige den Behörden den Mietvertrag und eine Kopie eines Ausweises des ominösen Bulgaren bereits ausgehändigt. Nun müsse die Polizei den Mann finden.
Burger rechnet jedenfalls damit, dass sein Mandant in den kommenden zwei bis drei Wochen an Tschechien ausgeliefert wird, auch wenn die Ermittlungen um die Plantage das noch verzögern könnten. „In Tschechien drohen ihm 10 bis 18 Jahre Haft.“
Neuer Pächter gesucht
Dass er die Sophienalpe weiterführen kann, ist somit eher unwahrscheinlich – auch wenn man sich noch optimistisch gibt: „Vielleicht kann es einer der Mitarbeiter meines Mandanten übernehmen“, so Burger.
Der Wiener Immobilienhändler, dem die Gebäude gehören, hat unterdessen aber ohnedies schon andere Pläne: Er überlege nun, den Betrieb abermals neu zu vergeben, sagt er auf KURIER-Anfrage.
Den wenigen Ausflüglern, die es derzeit auf die Alpe treibt, bleiben somit vorerst nur die berühmten bunten Riesen-Schaukeln vor dem Lokal, die einen Blick in die unberührte Natur ermöglichen. Eine garantiert legale Form der Entspannung.