Jens Spahn: Krisenmanager im Kreuzfeuer der Kritik
Impfchaos, Immo-Deals und Spenden-Dinner belasten den Minister
„Wir werden einander viel verzeihen müssen“, sagte Jens Spahn zu Beginn der Pandemie. Ein Satz, den viele als „richtig“empfanden. Fast ein Jahr später muss ihn der Gesundheitsminister mit Blick auf seine Politik lesen.
Fehler in Zeiten von Corona passieren, bei Spahn entwickeln sie sich zur Serie. Dabei sah es kürzlich so aus, als würde er von der Krise profitieren. Spahn ist der „Feuerwehrmann. Er wird gebraucht, er löscht“, schrieb der Tagesspiegel im Dezember. Da durfte sich der 40Jährige „beliebtester Politiker Deutschlands“nennen. Und Kommentatoren wie Beobachter fragten, ob nicht er der bessere CDU-Chef und Kanzlerkandidat wäre? Mittlerweile ist die Welt wieder eine andere: Spahns Beliebtheit ist zurückgegangen, sein Name mit Pannen und Pech zu Impfung und Beschaffung des Vakzins verbunden. Im ZDF-Politbarometer bewerten die Bürger seine Leistungen auf einer Skala von plus fünf bis minus fünf nur noch mit 0,8 Punkten. Was ist passiert?
Schnelle Versprechen
Da wäre etwa ein via Twitter angekündigtes Versprechen, mit 1. März Schnelltests einzuführen, quasi nach dem Vorbild Österreichs. Doch so schnell, wie die Meldung draußen war, wurde sie von der Kanzlerin einkassiert. Zu viele Fragen wären ihr offen gewesen, etwa die Kosten oder wie viele Tests von den Ländern bestellt wurden. Nun soll ab 3. März eine einheitliche Strategie kommen – verknüpft mit Öffnungen.
Es war nicht das erste Mal, dass sie ihm in die Parade fuhr. Als er Anfang 2021 in Aussicht stellte, dass im zweiten Quartal alle Willigen ein Impfangebot bekommen würden, korrigierte sie. Bis Sommerende soll es soweit sein. Ob der Termin zu halten ist, weiß keiner. Die Hersteller kämpfen mit Verzögerungen, Spahn mit dem Vorwurf, Deutschland habe zu wenig bestellt. Insgesamt verlief der Start nicht gut: Die Hotline war überlastet, ältere Menschen scheiterten an der Online-Registrierung. Klärungsbedarf gibt es auch wegen ca. zwei Millionen ungenutzter Impfdosen von Astra Zeneca, die wenig Akzeptanz finden.
Spahn ist aber nicht an allem Schuld. So ist die Organisation der Impftermine Ländersache. Auch sind es Probleme, die einen Minister nicht zu Fall bringen müssen, aber sie wirken umso schwerer, wenn er noch dazu mit PrivatGeschichten negativ auffällt.
Der Spiegel deckte jüngst auf, dass Spahn vor seinem positiven Corona-Testergebnis an einem Dinner mit Unternehmern teilgenommen hat, wo Spenden für seinen Wahlkampf lukriert werden sollten. Ein Termin mit zwölf Menschen mit Einhaltung von Abstand und Masken. Aber zu einer Zeit, wo die Regierung und er die Menschen vor Feiern und Geselligkeit warnten.
Eine weitere private Episode, die ebenfalls medial aufschlug: Der Kauf einer Luxusvilla im Sommer der Pandemie und die einer Wohnung 2017 – bei beiden gibt es in puncto Finanzierung Fragen zu politischen und privaten Verflechtungen. Dass er Berichte darüber zu verhindern versuchte, und– wie der Tagesspiegel berichtete – über Journalisten recherchieren ließ, streitet er ab.
Für Spahn kommt die Welle an Kritik zur Unzeit. Im Herbst wird gewählt, er galt lange als „Hoffnungsträger“. Das Image des „Merkel-Kritikers“hatte er nach seinem Wechsel in ihr Kabinett abgelegt. Die Kanzlerin bescheinigte ihm einen „Bombenjob“. Was sie derzeit über ihn zu sagen hat, ist nicht bekannt.