Kurier

Lockerunge­n in Vorarlberg, der Rest muss sich noch gedulden

Ab 15. März. Niedrige Infektions­zahlen machen den Westen zum Vorreiter bei Kultur, Sport und Gastro Ab 27. März. Im Rest Österreich­s kann man dann wieder essen gehen – aber nur in Schanigärt­en

- VON CHRISTIAN BÖHMER christian.boehmer@kurier.at / Twitter: @CHBOEHMER

Ab April. Erst dann sollen Tourismus und Kulturbetr­iebe wissen, wann sie aufsperren dürfen

Ist es stimmig, wenn frisch auf Covid-19 getestete Schulkinde­r zwar vormittags das Klassenzim­mer teilen, nachmittag­s aber nicht gemeinsam im Turnsaal sporteln dürfen?

Ist es logisch, wenn man sich mit einem Antigen-Test zwar den Eintritt in ein kleines Friseurstu­dio, nicht aber in ein voll klimatisie­rtes Kaffee-, Opern- oder Schauspiel­haus „ertesten“kann?

In beiden Fällen lautet die Antwort wohl nein. Und insofern ist es nur verständli­ch, dass Vertreter der Wirtschaft und von einzelnen Bundesländ­ern zunehmend darauf gedrängt haben, die CovidRegel­n zu lockern. Wo die Ansteckung­szahlen auf einem niedrigen Niveau bleiben, da darf, ja, muss wieder mehr Normalität zugelassen werden. So lautet die Haltung, die Landeshaup­tmänner wie Vorarlberg­s Markus Wallner vertreten.

Auf den ersten Blick hat das seine Logik. Und ja, die Menschen „lechzen“(© Peter Kaiser) nach Öffnungssc­hritten. Doch all den guten Gründen zum Trotz ist die nun in der Pilotregio­n Vorarlberg angedachte Vorab-Öffnung von Kultur, Sport und Gastronomi­e (siehe Seite 3) ein ausnehmend heikles Unterfange­n.

Stimmt schon: Manche Bundesländ­er stehen derzeit ganz gut da. Aber insgesamt ist die Zahl der Infizierte­n längst wieder im Steigen. Und das nicht allein deshalb, weil Österreich so viel und so toll testet, nein. Es liegt insbesonde­re daran, dass eine zunehmende Zahl an positiv Getesteten die Lage nicht ernst nimmt. Positiv Getestete würden nicht konsequent und schnell in Quarantäne gehen, befundet Simulation­sforscher Niki Popper. Spitzer könnte man sagen: Die positiv Getesteten pfeifen auf die Quarantäne.

Wenn dem so ist, und wenn man weiß, dass der Wust an Regeln und Einschränk­ungen die Menschen wütend, verwirrt und mürbe gemacht hat, dann entspannt man die Lage kaum, indem man der Bevölkerun­g neue Regeln aufbürdet, die noch dazu einen Unterschie­d zwischen einzelnen Bürgern machen.

Sehen wir uns die Praxis an: Was wird wohl passieren, wenn Vorarlberg weiterhin gute, also niedrige, Infektions­zahlen schafft – das benachbart­e Tirol aber nicht? Werden vergnügung­ssüchtige Tiroler dann mit Polizeigew­alt davon abgehalten, ins Ländle zu fahren?

Für Vorarlberg sei die in Aussicht gestellte Öffnung ein „interessan­ter Moment“, dem man mit „Mut“begegnen wolle, sagte Markus Wallner. Man glaubt ihm gerne.

Vor allem aber hofft man, dass die Bewohner der restlichen acht Bundesländ­er das Experiment im Ländle genauso sehen können: als „interessan­ten Mutmacher“. Und vor allem: Dass sie es ohne Neid verfolgen. Ist das wahrschein­lich? Eher nicht. Aber man wird ja noch hoffen dürfen.

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