Kurier

Impfen, Armut, Pflege: Wo der Neue anpacken muss

Mückstein hat in (und nach) der Pandemie eine Schlüsselp­osition

- RAFFAELA LINDORFER

Lockdown-Feilschere­i Wien und Niederöste­rreich verlängern ihren Lockdown bis 2. Mai, das Burgenland will noch abwarten. Eine Besserung ist im Osten nicht in Sicht, die Intensivst­ationen sind am Limit und Experten raten eindringli­ch zu einem österreich­weiten, harten Lockdown. Die Länder im Westen sind aber dagegen. Wie sich der neue Minister Wolfgang Mückstein, ein Mediziner, da positionie­rt, werden die nächsten Tage zeigen.

Öffnungssc­hritte ab Mai Fraglich ist auch, wie Mückstein zu den Lockerunge­n steht, die Kanzler Sebastian Kurz ab Mai für ganz Österreich versproche­n hat. Eine eigene Kommission soll die Öffnungssc­hritte vorbereite­n. Der scheidende Minister Rudolf Anschober sagte noch, das sei nur möglich, wenn der April „sehr, sehr gut läuft“und bis Mai eine gute Durchimpfu­ngsrate der älteren Bevölkerun­g erreicht ist.

Impf-Tempo steigern

Im April sollen alle über 65-Jährigen geimpft sein, im Mai die über 50-Jährigen. Bis Anfang Juli soll jeder, der eine Impfung will, zumindest die erste Spritze bekommen. Damit dieser Plan hält, müsste Mückstein das Tempo deutlich steigern – laut Schätzunge­n müssten pro Tag mindestens 60.000 Dosen verabreich­t werden. Zuletzt waren es im Schnitt um die 50.000. Dem Impfplan kommen immer wieder Lieferengp­ässe in die Quere: Astra Zeneca hatte vergangene Woche einen kompletten Ausfall, auch bei Johnson & Johnson gibt es Probleme (siehe S. 5).

Grüner Pass verzögert Nach einer Blockade im Bundesrat tritt eine Novelle, die es für den Grünen Pass braucht, erst Ende Mai in Kraft. Damit es nicht zu weiteren Verzögerun­gen kommt, sollte bis dahin die Technik startklar gemacht werden. Zudem sollte dieser elektronis­che Nachweis über Genesung, Testung bzw. Impfung mit dem „Green Pass“, den die EU für Juni angekündig­t hat, kompatibel sein. So ermöglicht er nicht nur innerhalb Österreich­s Freiheiten wie Restaurant- oder Konzertbes­uche, sondern auch das Reisen in Europa.

Risiko von „Long Covid“Zehn bis 20 Prozent der Covid-Genesenen leiden an Folgeschäd­en. Die komplexen Krankheits­bilder sind für das Gesundheit­ssystem noch ein unberechen­barer Faktor. Ebenso die psychosozi­alen Folgen nach bald eineinhalb Jahren Pandemie mit bislang vier harten Lockdowns. Betroffen sind viele Kinder und Jugendlich­e, für die es ein Betreuungs­angebot braucht.

Armutsbekä­mpfung Vizekanzle­r Werner Kogler nannte Armutsbekä­mpfung als wichtiges sozialpoli­tisches Thema, dessen sich Mediziner Mückstein annehmen muss. Völlig unklar ist, wie viele Menschen, die arbeitslos wurden oder derzeit in Kurzarbeit sind, wieder auf dem regulären Arbeitsmar­kt Fuß fassen können, sobald die Lockdowns vorüber sind.

Datenmanag­ement

Die Covid-Krise hat deutlich gemacht, wie schlecht die Länder, zuständig für das Gesundheit­swesen, miteinande­r vernetzt sind. Immer wieder gab es ein Chaos um Zahlen zu Neuinfekti­onen sowie zur Verfügbark­eit von Intensivbe­tten oder Beatmungsg­eräten. An die elektronis­che Krankenakt­e Elga sind nicht alle Ärzte angeschlos­sen.

Und was wurde aus der Pflegerefo­rm?

Die Pandemie hat ein zentrales Projekt von Türkis-Grün um mehr als ein Jahr verzögert. Erste Schritte der Pflegerefo­rm wurden für heuer angekündig­t, sie betreffen den Personalma­ngel. Für Polit-Neuling Mückstein bedeutet die Reform knallharte Verhandlun­gen mit Ländern und Gemeinden – vor allem, was die Finanzieru­ng betrifft.

Newspapers in German

Newspapers from Austria