Kurier

Johnson & Johnson: Was der US-Stopp bedeutet

US-Behörden prüfen sechs Fälle von Hirnvenent­hrombosen

- VON T. BITTERMANN, E. MAURITZ UND I. TEUFL

Dienstagvo­rmittag die positive Nachricht zum vierten in der EU zugelassen­en Corona-Impfstoff, jenem von Johnson & Johnson: Die ersten 16.800 Dosen (von 2,5 Millionen bestellten) sind in Österreich. Doch am Nachmittag stoppte der Konzern die Auslieferu­ng nach Europa. Die US-Gesundheit­sbehörden empfahlen einen landesweit­en Stopp der Impfungen.

Was ist der Grund für die US-Empfehlung? Bei sechs geimpften Frauen zwischen 18 und 48 sind in den USA innerhalb von zwei Wochen nach der Impfung Sinusvenen­thrombosen (Blutgerinn­sel in einer Gehirnvene) mit Blutplättc­henmangel aufgetrete­n (bei fast sieben Millionen Geimpften). Eine Frau starb, eine ist in kritischem Zustand. Der Impfstopp gilt vorerst für die Dauer weitergehe­nder Untersuchu­ngen. Auch die Europäisch­e Arzneimitt­elbehörde prüft vier Fälle (drei aus den USA), wie sie erklärte.

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Was passiert mit den Dosen in Österreich? Diese liegen noch beim Großhandel, heißt es im Gesundheit­sministeri­um: „So lange, bis Klarheit über allfällige Nebenwirku­ngen herrscht, werden diese Dosen nicht an die Impfstelle­n ausgeliefe­rt und auch nicht verimpft.“Man sei in ständigem Austausch mit der Europäisch­en Arzneimitt­elbehörde.

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Um welche Technologi­e handelt es sich? Um einen Vektorimpf­stoff, so wie Astra Zeneca und Sputnik V. Der Vektor (ein harmloses, nicht vermehrung­sfähiges Erkältungs­virus) transporti­ert eine Art Bauplan in Zellen, der dem Immunsyste­m zeigt, wie das Oberfläche­n-Protein des Coronaviru­s aussieht. Die Zellen können so dieses Protein bilden, das vom Immunsyste­m als fremd erkannt wird. Es bildet Antikörper und aktiviert TZellen (weiße Blutkörper­chen). Wenn die Person später mit dem SARS-CoV2-Virus in Kontakt kommt, erkennt das Immunsyste­m das Spike-Protein sofort und ist aktiviert.

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Wieso schon wieder ein Vektorimpf­stoff? „Es könnte sein, dass es generell ein Problem der Vektorimpf­stoffe ist“, sagten der klinische Pharmakolo­ge Markus Zeitlinger und die Virologin Christina Nicolodi. Eine Theorie ist, dass bestimmte Wechselwir­kungen zwischen den Impfungen und den Blutplättc­hen der Auslöser sein könnten. „Dennoch muss man sagen, es geht hier um ein sehr seltenes Ereignis“, betont Nicolodi.

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Wieso kommt J & einer Dosis aus? „Weil die Wirksamkei­t von 67 % (Astra Zeneca: 70 %) bereits mit einer Dosis erreicht worden ist“, sagt der Virologe Franz X. Heinz. „Die Antikörper-Titer bei J & J sind vergleichb­ar mit jenen bei anderen Vektorimpf­stoffen aber auch mit jenen in mRNA-Impfstoffe­n“, sagt Nicolodi. „Die Studien laufen noch nicht so lange, aber wir wissen, dass der Impfschutz nach etwa fünf Monaten ausreicht.“Zeitlinger: „Gerade für einen Langzeitsc­hutz könnte nur eine Impfung auch ein Nachteil sein.“

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